Zaun soll kein »Eiserner Vorhang« sein
Bulgariens Grenze zur Türkei stoppt Flüchtlinge und findet Ungarn als Nachahmer
Ungarn kündigte an, mit einem vier Meter hohen Zaun seine Grenze zu Serbien für Flüchtlinge undurchlässig zu machen. Bulgarien hat schon einen.
Stacheldraht krönt Europas neue Mauer. Wie ein silbriger Lindwurm windet sich der Grenzzaun östlich des bulgarischen Weilers Lessowo durch Wälder und über karge Hügel. 25 Kilometer entfernt hat Kommandant Hristo Stefanow auf dem Großbildschirm im Koordinationszentrum der Grenzpolizei in Elchowo den drei Meter hohen und 30 Kilometer langen Zaun an der grünen Grenze zur Türkei fest im Blick.
Das Hauptziel des »technischen Hindernisses« sei es, Schlepper zu stoppen und illegale Immigration zu verhindern, so der grauhaarige Grenzer. Eine »falsche Interpretation« sei es, von einem neuen Eisernen Vorhang zu sprechen. Bulgarien übernehme »Verantwortung für die Außengrenze der EU«.
Obwohl das ärmste EU-Mitglied als wichtigstes Transitland zwischen Europa und dem Orient gilt, hatte Bul- garien jahrelang kaum Flüchtlinge und Asylsuchende zu beherbergen: Bis 2012 wurden nicht einmal 1000 Asylanträge registriert. Doch die Fertigstellung des Grenzzauns an der kleinen Landgrenze zwischen der Türkei und Griechenland und der Krieg in Syrien lenkten im August 2013 die Flüchtlinge in Richtung der bulgarischen Grenze um. Die Zahl von Asylgesuchen wuchs sprunghaft an. Statt 1000 Asylbewerber im Jahr registrierten die Behörden plötzlich 100 pro Tag: 90 Prozent von ihnen gelangten auf dem Landweg bei Lessowo über die Grenze.
Die verstärkte Grenzsicherung hat die Zahl der Asylanträge auf 200 pro Woche sinken lassen. Das illegale Zurückdrängen von Flüchtlingen hat Sofia Proteste der EU beschert. Doch die EU-Partner fördern die Aufrüstung der Grenze kräftig. Flüchtlinge könnten kaum noch legal nach Europa gelangen, sagt Boris Tscheschirkow, Sprecher des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) in Sofia. Das Beispiel macht Schule: Kurz vor dem Weltflüchtlingstag am 20. Juni kündigte Ungarn die Abriegelung der EU-Außengrenze zu Serbien mit einem Zaun an.