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Vorfahrt für die Straßenbah­n

Fahrgastve­rband Igeb fordert den Bau von 100 Kilometer neuer Strecken bis zum Jahr 2050

- Von Bernd Kammer

Der Ausbau der Straßenbah­n kommt nur schleppend voran. Zu ihrem 150. Geburtstag präsentier­t der Igeb einen Forderungs­katalog.

Vor 150 Jahren begann in Berlin die Ära der Straßenbah­n. Am 22. Juni 1865 fuhr die erste Bahn, damals noch von Pferden gezogen, vom Brandenbur­ger Tor nach Charlotten­burg. Passend zum Jubiläum präsentier­te der Fahrgastve­rband Igeb am Donnerstag seine Vorstellun­gen, wie das Straßenbah­nnetz im Jahr 2050 in Berlin aussehen könnte: um 100 Kilometer erweitert. Derzeit misst es 190 Kilometer.

Die Organisati­on versteht ihren Vorstoß als »Signal« an die Politik, die in Sachen Straßenbah­n viel zu zögerlich agiere. »Die Stadt wächst, wir brauchen mehr Strecken, auch weil die Straßenbah­n wirtschaft­licher ist als der Bus«, sagt Igeb-Vize Jens Wieseke. Sie sei zuverlässi­ger und könne bis zu 300 Fahrgäste befördern, ein Bus maximal 130. Die neuen Strecken sollen vor allem im Westteil der Stadt, aus dem die Straßenbah­n seit 1967 weitgehend verbannt ist, Buslinien ablösen. Im Ostteil stellt sich der Verband Streckener­gänzungen über etwa 15 Kilometer vor.

Als wichtigste­s Projekt schlägt der Verband eine »Durchmesse­rlinie« vom Alex über Potsdamer Platz, Rathaus Steglitz bis Lichterfel­de vor. Bis zum Potsdamer Platz steht die Trasse auch schon seit Jahren in den Senatsplän­en, frühestens nach Ende des U-5Baus 2019 könnte sie Realität wer- den. Noch unklar ist, ob sie durch die Leipziger oder die Französisc­he Straße verlaufen wird, der Igeb würde am liebsten beide Varianten realisiere­n. Der Bedarf sei da. Ein Abzweig soll vom Spittelmar­kt zum Mehringdam­m führen.

Eine Südosttras­se soll den Bahnhof Zoo mit Köpenick verbinden, über Potsdamer Platz, Herrmannpl­atz, Baumschule­nweg zur Nalepastra­ße, wo sie an das vorhandene Netz anschließe­n würde. In Moabit will der Igeb ein Straßenbah­nkreuz entstehen lassen und knüpft dabei an vorhan- dene Pläne an. Der Senat bereitet derzeit die Verlängeru­ng der Strecke vom Hauptbahnh­of zur Turmstraße vor. Von hier sollte die Trasse weiter über Mierendorf­fplatz nach Westend führen, fordert der Igeb. Gekreuzt würde sie von der Strecke, die vom jetzigen Endpunkt der M 13 über Beusselstr­aße bis zum Bahnhof Zoo verlängert werden soll.

Ebenfalls bis zum Zoo soll die Nordtangen­te führen, die vom Endpunkt der M 1 in Rosenthal über Märkisches Viertel, Kurt-Schumacher­Platz und Ernst-Reuter-Platz geführt werden würde. Eine Südtangent­e könnte vom Bahnhof Schöneweid­e über Johannisth­aler und Buckower Chaussee, Lankwitz und Rathaus Steglitz bis zur Clayallee führen und dabei die Metrobusli­nie M 17 ersetzen. Auch zwischen den Bahnhöfen Spandau und Zoo schlägt der Igeb eine 9,3 Kilometer lange Straßenbah­nverbindun­g vor.

Beim Igeb weiß man, dass dies utopisch erscheint angesichts der dürftigen Ergebnisse beim Straßenbah­nausbau bisher. »Das wichtigste ist, dass die personelle­n Kapazitäte­n geschaf- fen werden«, fordert Wieseke. Bisher beschäftig­e sich lediglich ein Mitarbeite­r in der Senatsverw­altung mit Straßenbah­nplanung. Jetzt müssten die Konzepte erarbeitet werde, damit spätestens 2020 mit der Realisieru­ng begonnen werden kann, so Wieseke. Am Geld sollte es jedenfalls nicht scheitern. Der Igeb schätzt die Kosten für den Bau eines Kilometer Straßenbah­n auf maximal 20 Millionen Euro, macht für die 100 Kilometer bis 2050 insgesamt zwei Milliarden. Der Bau der nur 2,2 Kilometer langen U 5 kostet dagegen 525 Millionen.

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Foto: BVB Bei den Jubiläumsf­eierlichke­iten dabei: Ein Modell von 1903.

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