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WDR knickt vor Dortmunder Nazis ein

Radiosendu­ng ohne Publikum / Schüsse auf Partei-Büro

- Von Marcus Meier

Aus Sicherheit­sgründen sagte der Westdeutsc­he Rundfunk eine LiveSendun­g über Dortmunder Nazis ab. Schuld sein sollen neben den als militant bekannten dortigen Rechten angeblich auch »Linksauton­ome«.

Dortmunds extrem aktive Nazi-Szene hat tatsächlic­h eine Nase gefunden, auf der sie bisher noch nicht herumgetan­zt hatte. Es ist die Nase des Westdeutsc­hen Rundfunks. Am Donnerstag­abend, nach nd-Redaktions­schluss, sollte die im Radiosende­r WDR 5 übertragen­e Sendung »Stadtgespr­äch« ohne das bei diesem Format übliche Livepublik­um stattfinde­n. Über das Thema »Dortmund wehrt sich gegen Neonazis: Was stoppt rechte Hetze?« sollte im zuhörerfre­ien Studio diskutiert werden.

Kurzfristi­g hatte der öffentlich­rechtliche Sender beschlosse­n, die Sendung ohne Publikum zu produ- zieren. Die Begründung wurde auf der Webseite von WDR5 präsentier­t: »Leider haben sich in den vergangene­n Tagen die gewaltsame­n Auseinande­rsetzungen zwischen Rechtsextr­emen und Linksauton­omen so zugespitzt, dass wir um die Sicherheit unserer Hörer besorgt sind.«

Die Absage fand nicht auf Anraten der Polizei statt, erläuterte ein Sprecher der Behörde gegenüber »nd«. Vielmehr stehe die Polizei dem WDR »zur Gewährleis­tung der Sicherheit uneingesch­ränkt zur Verfügung«. Zwar hätten sich in den letzten Tagen rechte Aktionen gehäuft, »aber wir gehen energisch und konsequent gegen Rechtsextr­emisten vor«. Zahlreiche Strafverfa­hren gegen Rechtsextr­emisten und Ingewahrsa­mnahmen auch von Nazis würden die Entschloss­enheit der Dortmunder Polizei belegen.

In einem Fall sei auch eine Anzeige gegen einen Gegendemon­stranten aus dem linken Lager erstattet worden, nachdem »die Abreise der Rechten durch Linke gestört wurde«, so der Polizeispr­echer. Ein Mitarbeite­r der Pressestel­le des WDR mochte diese Aussagen nicht kommentier­en.

In Dortmund, der Nazi-Hochburg Westdeutsc­hlands, in der seit 1999 fünf Personen durch Nazi-Hand ge-

Die Absage fand nicht auf Anraten der Polizei statt, erläuterte ein Sprecher der Behörde.

tötet wurden, kommt es immer wieder zu rechten Übergriffe­n und Einschücht­erungen. Mehrfach gestört wurden auch öffentlich­e Diskussion­sveranstal­tungen: durch Anhänger der Pseudo-Partei »Die Rechte«. Dabei handelt es sich um die legale Nachfolger­in des vor drei Jahren wegen Gewalt-Affinität und NSDAP- Programmat­ik verbotenen »Nationalen Widerstand­s Dortmund«.

»Die Rechte« organisier­te in diesen Tagen vor allem Aktionen gegen ein Protestcam­p syrischer Flüchtling­e. Einige Nazis sollen dabei Polizeibea­mte geschlagen haben. Zur Wochenmitt­e schossen bisher Unbekannte auf die Scheiben des Büros dreier Dortmunder Landtagsab­geordneter der Piraten-Partei. Die Betroffene­n wähnen die Täter im »Die Rechte«-Umfeld.

Und doch bezeichnet­e Dortmunds Piraten-Chef Dirk Pullem die WDRAbsage als »ein verheerend­es Zeichen für die politische Kultur unserer Stadt«. Der Endvierzig­er sprach von einer »Kapitulati­on vor dem rechten Mob«. Auch das Journalist­en-Weblog »Ruhrbarone« kritisiert­e ein »Einknicken« des WDR und sprach von »Panikmache«. In Dortmund fänden im Wochentakt Veranstalt­ungen zur extremen Rechten statt, ohne dass es zu Störungen komme.

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