Athens Ziele: »Normalität und Stabilität«
Griechische Regierung will keine vorgezogene Neuwahl
Athen. Trotz des Widerstandes in den eigenen Reihen gegen die Sparauflagen hat die griechische Regierung nicht die Absicht, vorgezogene Neuwahlen in Erwägung zu ziehen. Wahlen seien »im Moment« nicht nützlich und »die Regierung hat nicht die Absicht, welche zu organisieren«, sagte die neue Regierungssprecherin Olga Gerovasili. Ziel sei es derzeit vielmehr, das Abkommen mit den Europäern zum Abschluss zu bringen und »Normalität und Stabilität« wieder herzustellen.
Die Abschaffung von Steuervergünstigungen für Bauern ist laut Gerovasili keine Voraussetzung für die Aufnahme von Verhandlungen mit den Gläubigern über weitere Gelder. Zuvor hatte die Regierung in Athen einen entsprechenden Gesetzesentwurf zurückgenommen, der ursprünglich an diesem Mittwoch vom Parlament gebilligt werden sollte. Abgeordnete aller Parteien aus ländlichen Regionen hatten angekündigt, sie würden diesem Gesetz auf keinen Fall zustimmen.
Unterdessen weigert sich die Bundesregierung zuzugeben, dass Kanzlerin Angela Merkel bereits 2011 Zweifel hatte, dass ein einfacher Schuldenschnitt ausreiche, um Griechenland aus der Schuldenfalle zu führen. Dies war durch die Veröffentlichung eines gehei-
Merkel vermeidet das Eingeständnis des vollständigen Scheiterns ihrer Krisenpolitik.
men NSA-Dokuments über die Plattform Wikileaks herausgekommen. Demnach hatte Merkel am 11. Oktober 2011 ihrem persönlichen Assistenten anvertraut, dass sie Zweifel habe, dass Athen auch nach einem Schuldenschnitt – der Anfang 2012 kam – fähig sei, mit den übrigen Schulden umzugehen. Der wirtschaftspolitische Sprecher der LINKEN im Bundestag, Michael Schlecht, hakte nach und wollte wissen, ob die Enthüllungen zutrafen. Doch die Bundesregierung wich der Frage in ihrer schriftlichen Antwort aus, die dem »nd« vorliegt. Diese lässt sich so zusammenfassen, dass Merkel und Co. im Herbst 2011 von der Schuldentragfähigkeit Griechenlands nicht überzeugt waren, aber nach dem Schuldenschnitt 2012 ihre Meinung änderten.
Ein weiterer Schuldenschnitt für Griechenland sei jedoch unausweichlich, meint Schlecht. »Das wusste offensichtlich auch die Bundesregierung bereits 2011, zumindest dementiert Sie es auf meine Frage hin nicht ausdrücklich.« Zugeben möchte sie es andererseits auch nicht, »würde es doch das Eingeständnis des vollständigen Scheiterns ihrer Krisenpolitik bedeuten«, so Schlecht.
Der Vizechef der Unionsfraktion im Bundestag, Arnold Vaatz (CDU), erwägt im Falle neuer Milliardenkredite für Griechenland eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. »Ich sehe nicht, dass die Systemstabilität der Eurozone durch ein Ausscheiden Griechenlands gefährdet würde«, sagte Vaatz der Zeitschrift »Super Illu«. Nach den Regeln des EuroRettungsfonds ESM muss für ein Kreditprogramm »ein Risiko für die finanzielle Stabilität der Eurozone als Ganzes oder für ihre Mitgliedstaaten« bestehen.
Neue Gelder für Griechenland sollten nach Ansicht der österreichischen Regierung nur dann fließen, wenn sich Athen in der Asylfrage mehr anstrengt. »Ein stabiles Asylsystem in Griechenland sollte eine Bedingung für ein Hilfspaket für Griechenland sein«, sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner der Wiener Zeitung »Kurier«.