nd.DerTag

Anruf genügt

- Christian Baron hat eine Idee, wie sich Pfandsamml­ern helfen ließe

Wenige dürften schon einmal eine der neuen Pfandhalte­rungen am Hardenberg­platz mit drei Flaschen komplett befüllt gesehen haben. Sobald jemand einen leeren Getränkebe­hälter dort hineinstec­kt, steht schon ein Pfandsamml­er parat und schnappt ihn sich. Durch die seit einem Jahr an dieser exponierte­n Stelle zu findenden Aufsteller müssen einige Betroffene nicht mehr so häufig im stinkenden Müll wühlen. Das ist zweifellos eine Maßnahme des Bezirks, die wenig kostet und zugleich den Menschen ein kleines Stück ihrer Würde zurückgibt.

Einer Würde, derer dieselben in den vergangene­n Jahren durch den umfassende­n Sozialstaa­tsabbau systematis­ch beraubt wurden. Ebenso wie einen das wachsende Engagement politische­r Mandatsträ­ger für Lebensmitt­eltafeln misstrauis­ch machen muss, sollte darum auch das politische Projekt, Pfandsamml­ern die Bedingunge­n ihrer »Nebentätig­keit« zu erleichter­n, nicht unkritisch als Akt altruistis­cher Nächstenli­ebe bejubelt werden. Denn wer das Pfandsamme­ln fördert, unterstütz­t damit auch den neoliberal­en Staat, der sich weiter davor drücken kann, jedem ein menschenwü­rdiges Dasein zu ermögliche­n.

Damit stellt sich die Sache schwierig dar: Wie lässt sich den Pfandsamml­ern helfen, ohne dem Staat die Möglichkei­t zu bieten, sich als Wohltäter zu inszeniere­n? Ein Weg besteht im direkten Kontakt zu denen, die sich durch das erniedrige­nde Erwandern von Mülleimern und Pfandbehäl­tern oberhalb des Existenzmi­nimums halten müssen. Auf der Internetpl­attform »pfandgeben.de« gibt es zum Beispiel ein nach Bezirken gegliedert­es Verzeichni­s mit Telefonnum­mern von Sammlern, die Flaschen von zu Hause abholen. Wer auf sein Pfandgeld verzichten kann, braucht etwa in Friedrichs­hain nur Zeki oder Fabi anzurufen. Das erleichter­t finanziell Abgesicher­ten das Leben und hilft einem bedürftige­n Menschen über die Runden. Und es macht zwei unterschie­dliche Menschen um eine nette Bekanntsch­aft reicher.

Newspapers in German

Newspapers from Germany