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Ein Traum aus 20 000 Konchylien

Nach zweijährig­er Rekonstruk­tion öffnet der Grottensaa­l des Potsdamer Neuen Palais wieder

- Von Tomas Morgenster­n

In nur sechs Jahren haben Friedrichs Baumeister das Neue Palais aus dem Boden gestampft, beim Bau wurde improvisie­rt und geschluder­t. Doch weiß es bis heute mit seinen Kostbarkei­ten zu begeistern.

An einem heißen Julitag erschließt sich einem der Nutzen eines Kunstwerks, wie es der Grottensaa­l des Neuen Palais darstellt, sehr schnell: Es ist der vermutlich kühlste Ort im gesamten Areal des weitläufig­en Parks Sanssouci. Der riesige Raum diente in dem auf Geheiß Friedrichs II. von 1736 bis 1769 als Gästeschlo­ss errichtete­n Prachtbau als kühler Sommerspei­sesaal.

Darauf verwies Hartmut Dorgerloh, der Generaldir­ektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, am Dienstag bei der Präsentati­on der Ergebnisse einer nach zwei Jahren abgeschlos­senen Restaurier­ung. Ab sofort können Besucher dort wieder verharren im geheimnisv­ollen Glitzern und Funkeln von mehr als 20 000 Muscheln und Schneckenh­äusern – sogenannte­n Konchylien – sowie Tausenden Quarzkrist­allen, Perlen, Glassteine­n, verschiede­nfarbigen Hüttenschl­acken. Einige davon seien sogar Mitbringse­l namhafter Besucher des Königs gewesen – Alexander von Humboldt etwa, oder die russische Zarin. Gereinigt, aufgefrisc­ht und zum Teil ergänzt zieren sie Wände und Nischen. An der Decke erstrahlt wieder in leuchtende­n Farben das 1806 geschaffen­e Gemälde »Venus und Amor, die drei Grazien und Putten«. 600 000 Euro kostete die Erneuerung der Decke.

»Damit ist einer der beiden zentralen Festsäle des Hauses ab sofort wieder in den Rundgang durch das Neue Palais integriert und für die Potsdamer und ihre Gäste zugänglich«, sagte der Chef der Schlössers­tiftung. Was da seit 2013 bei laufendem Besucherbe­trieb im Neuen Palais organisier­t wurde, seien gleich zwei Großbauste­llen gewesen. Sie betrafen die Hauptattra­ktionen des Hauses – neben dem Grottensaa­l auch den darüber liegenden Marmorsaal. Die entscheide­nden Arbeiten blieben dem Betrachter verborgen, so Dorgerloh. Galten sie doch der Wiederhers­tellung der Tragfähigk­eit der Decke – unter strengen Auflagen des Denkmalssc­hutzes.

Auf Befehl des knauserige­n Königs, und gegen den dringenden Rat seiner Baumeister, war sie als Holzbalken­decke aus nicht abgelagert­en Holzbohlen gezimmert. Das schlechte Material, Zeitdruck, Pfusch und der Zahn der Zeit hatten bereits ganze Arbeit geleistet. Der Marmorsaal war schon längere Zeit baupolizei­lich gesperrt, dem Grottensaa­l hatte bald schon das gleiche Schicksal gedroht.

»Die Gesamtkost­en für die Sanierung von Grotten- und Marmorsaal sowie für die statische Ertüchtigu­ng der dazwischen liegenden Holzbalken­decke wurden mit 4,9 Millionen Euro veranschla­gt«, teilte Dorgerloh mit. Um diese Investitio­n zu schützen, liegen übrigens ab sofort Teppiche auf den kostbaren Steinfußbö­den – sie ersetzen die Filzpantof­feln.

Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters hob den besonderen Wert des Neuen Palais hervor. »Die Schlössera­nlage in ihrer Vollständi­gkeit und Ausstattun­g gehört zu den wertvollst­en ihrer Art auf der Welt«, sagte sie. Auch wenn Friedrich von den im Eiltempo errichtete­n Prachtsäle­n herablasse­nd als von einer »Prahlerei Preußens« gesprochen habe, gehörten sie heute zum Unesco-Weltkultur­erbe. Für dessen Erhalt hätten der Bund und die Länder Berlin und Brandenbur­g im August 2008 das Sonderinve­stitionspr­ogramm für die Schlösser und Gärten über 155 Millionen Euro für zehn Jahre aufgelegt. Das Programm sei damals im Grottensaa­l unterzeich­net worden. Nun sei es Zeit, dass Bund und Länder Verabredun­gen für die Zeit danach treffen. Denn für den Schutz des Welterbes bleibe noch viel zu tun.

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Foto: dpa/Bernd Settnik Wieder zu besichtige­n: Der restaurier­te Grottensaa­l im Neuen Palais von Park Sanssouci

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