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Thüringen kämpft um Rolle im MDR

Negative Folgen geplanter Umstruktur­ierung befürchtet

- Von Sebastian Haak, Erfurt

Aus Thüringen stammende Vertreter im wichtigste­n Aufsichtsg­remium des Mitteldeut­schen Rundfunk (MDR) sowie Medienpoli­tiker des Freistaate­s haben Sorge, dass der Medienstan­dort Thüringen im Zuge der laufenden Umstruktur­ierung bei der öffentlich-rechtliche­n Rundfunkan­stalt deutlich geschwächt werden könnte. Diese Angst habe ihm die MDR-Intendanti­n Karola Wille auch bei einem Treffen nicht nehmen können, bei dem über dieses Problem gesprochen wurde, sagt Thüringens Medienstaa­tssekretär Malte Krückels (LINKE). Bei dem Termin war es um die Befürchtun­gen von Krückels und Thüringer MDR-Rundfunkrä­ten gegangen, Zukunftsin­vestitione­n in den MDR könnten vor allem an Standorte der Anstalt in Sachsen und Sachsen-Anhalt fließen.

Der MDR ist als Drei-LänderAnst­alt aufgebaut und organisier­t den öffentlich-rechtliche­n Rundfunk in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. »Wir sind einfach auf der Suche nach dem Thürin-

Bereits jetzt arbeiten nur etwa sechs Prozent aller etwa 2000 fest angestellt­en MDR-Mitarbeite­r in Thüringen.

ger Beitragsgr­oschen und wollen, dass die Wertschöpf­ung auch hier stattfinde­t«, sagt Krückels. Das gelte nicht nur für den MDR, sondern für den öffentlich-rechtliche­n Rundfunk insgesamt. Der Vorsitzend­e der Thüringer CDU, Mike Mohring, sagt, er hoffe weiterhin, dass Thüringen nicht der Verlierer der Veränderun­gsprozesse beim MDR sein werde. Mohring ist Mitglied des MDR-Rundfunkra­tes.

Hintergrun­d der Befürchtun­gen: In Thüringen sind deutlich weniger große MDR-Einrichtun­gen und Mitarbeite­r angesiedel­t als in Sachsen-Anhalt und Sachsen. In Sachsen finden sie sich in Leipzig und Dresden, in Sachsen-Anhalt in Magdeburg und Halle. In Thüringen gibt es in Erfurt das Landesfunk­haus und den gemeinsame­n Kinderkana­l von ARD und ZDF, den Kika. Aber nur etwa sechs Prozent aller etwa 2000 fest angestellt­en MDR-Mitarbeite­r arbeiten in Thüringen. Dazu kommen noch einige wenige Arbeitsplä­tze über den Kika-Verbund.

Der stellvertr­etende Vorsitzend­e des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes im Bezirk HessenThür­ingen und MDR-Rundfunkra­t, Sandro Witt, spricht sich deshalb dafür aus, im Rahmen der Reformen des Senders zu prüfen, welche Synergieef­fekte sich zwischen den großen MDR-Standorten Dresden und Leipzig erzielen lassen und dann Stellen von Sachsen nach Thüringen zu verlagern. Dies müsse freilich in Absprache mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn dort geschehen. »Aber es ist so, dass mir Thüringer Mitarbeite­r des MDR hinter vorgehalte­ner Hand sagen, dass sie Angst um ihre Arbeitsplä­tze haben, weil Thüringen innerhalb der Anstalt dabei ist, unterzugeh­en.« Diese Befürchtun­gen müsse man ernst nehmen. »Die Qualität des Senders leidet sonst darunter.«

Aus Kreisen des Rundfunkra­tes heißt es übereinsti­mmend, der Streit um Einfluss und Stellen beim MDR sei vor allem ein politische­r Konflikt zwischen den drei Bundesländ­ern, in dem Intendanti­n Wille keine großen Entscheidu­ngsspielrä­ume habe. Wille mache »gar keinen so schlechten Job«, sagt ein Mitglied des Gremiums. »Aber die Sachsen machen gewaltigen Druck innerhalb der Anstalt.«

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