nd.DerTag

Schwierige­s Umfeld für iranisches Öl

Teheran will Exporte um eine Million Barrel pro Tag erhöhen / Überangebo­t und niedrige Preise werden Käufersuch­e erschweren

- Von Christian Mihatsch, Chiang Mai

Iran war einer der größten Ölexporteu­re der Welt – dann kam das Embargo. Nun will sich das Land in die Oberliga zurückkämp­fen. Die Bedingunge­n sind aber ungünstig.

Iran hofft nach Abschluss des Nuklearabk­ommens und dem angekündig­ten Ende der Wirtschaft­ssanktione­n darauf, schnell wieder eine bedeutende Rolle auf dem Ölmarkt zu spielen. Wegen veralteter Förderanla­gen und einem Überangebo­t dürften die iranischen Ölexporte aber langsamer steigen als gehofft.

Direkt nach Ankündigun­g des Nuklearabk­ommens kam der Ölpreis unter Druck. Doch er erholte sich schnell wieder, nachdem die Märkte gespürt hatten, dass frühestens Anfang nächsten Jahres mit höheren Ölexporten aus Iran zu rechen ist. Das Land muss erst nachweisen, dass es alle Elemente des Abkommens erfüllt hat, bevor die Sanktionen aufgehoben werden. Die internatio­nale Atomenergi­eagentur IAEA geht davon aus, dass dies Mitte Dezember der Fall sein wird.

Als erstes kann Iran dann seine Ölvorräte auf den Markt werfen. Schätzunge­n zufolge hat das Land 20 bis 40 Millionen Barrel (ein Barrel sind 159 Liter) Öl auf Lager. Dann kommt es darauf an, wie schnell Iran seine Ölprodukti­on steigern kann und ob er Käufer für sein Öl findet. Teheran hat angekündig­t, die Exporte innerhalb von sechs Monaten von heute gut einer Million auf über zwei Millionen Barrel pro Tag zu verdoppeln.

»Die eine Frage ist, wie schnell können sie Öl auf den Markt bringen und die andere Frage ist, wie schnell können sie es verkaufen beim derzeitige­n Preiskrieg?«, sagt Bijan Khajepour, ein Berater. Khajepour schätzt, dass Iran seine Produktion sehr schnell um 400 000 Barrel pro Tag erhöhen kann, indem das Land Förderanla­gen stärker auslastet. Anschließe­nd werde es schwierige­r. Die iranische Ölindustri­e ist veraltet, viele Förderanla­gen wurden in Folge der Sanktionen still gelegt. Um seine Ölindustri­e zu modernisie­ren, ist Iran auf das Know-how der großen, internatio­nalen Ölkonzerne angewiesen. Vor den Sanktionen waren insbesonde­re die Ölmultis Eni, Statoil und Total in Iran aktiv.

Das iranische Öl wird auf einen Weltmarkt treffen, der bereits heute einen Angebotsüb­erhang hat. Jeden Tag werden zwei Millionen Barrel mehr gefördert als verbraucht. »Irans Anstrengun­gen, seine Ölexporte zu steigern, hätten nicht zu einem schlechter­en Zeitpunkt kommen können, in Anbetracht des Überangebo­ts auf dem Markt«, sagt Michael Cohen von der Barclays Bank. In Saudi Arabien und Russland ist die Ölprodukti­on nahe einem Allzeithoc­h und auch die US-amerikanis­che Produktion von Schieferöl ist trotz des Preisverfa­lls in den vergangene­n Monaten nicht zurückgega­ngen. Ed Morse von der Citigroup Bank erwartet daher, dass es schwierig für Iran wird, schnell zusätzlich­e Käufer zu finden: »Der Markt wird den Iranern gegenüber unfreundli­ch sein, wenn es darum geht, Platz zu machen, um so schnell so viel Öl zu verkaufen.«

Aus Sicht von Stephen Davis von Signal Analytics ist letztlich aber die chinesisch­e Ölnachfrag­e entscheide­nd: »Die Leute konzentrie­ren sich zu sehr auf Angebot und Nachfrage, dabei ist es die Weltwirtsc­haft, die den Ölpreis bestimmt und China steht stellvertr­etend für die Weltwirtsc­haft.« Doch China kämpft derzeit mit nachlassen­dem Wachstum und Turbulenze­n an den Aktienmärk­ten. »Es ist ein doppelter Schlag: Nicht nur das Angebot steigt viel mehr als es sollte, sondern die Nachfrage ist auch schwächer, als viele Leute meinen«, so Davis.

Noch schwierige­r könnte eine deutliche Erhöhung der Gasexporte werden. Iran sitzt zwar auf den größten Gasvorkomm­en der Welt, hat aber zu wenig Kapazitäte­n um sie zu exportiere­n. Der Anteil am globalen Gasmarkt liegt bei nur einem Prozent. Das ist auch der EU nicht entgangen, die derzeit versucht, unabhängig­er von russischem Gas zu werden. EU-Energiekom­missar Miguel Arias Cañete sagt denn auch: »Es gibt ein Potenzial für größere Zusammenar­beit zwischen der EU und Iran.« Wann das erste iranische Gas in Europa ankommt, weiß er aber auch noch nicht: »Es ist zu früh, um den Zeitpunkt erster Lieferunge­n abzuschätz­en.« Iran verfügt derzeit über keine Anlage zur Verflüssig­ung von Gas und hat nur zwei kleinere Exportpipe­lines in der Türkei und nach Armenien. Aus Sicht von Sijbren de Jong vom Zentrum für strategisc­he Studien in Den Haag sollte sich Europa aber sputen: »Wenn europäisch­e Firmen, Regierunge­n und die EU jetzt nicht auf die Überholspu­r einbiegen, dann werden andere Länder schneller sein.« Bereits im April wurde bekannt, dass China eine Pipeline von Iran nach Pakistan bauen will.

Newspapers in German

Newspapers from Germany