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Kritik an Gabriels Iran-Besuch

Wirtschaft­svertreter sehen neue Exportchan­cen

- Dpa/nd

Isfahan. Nach dem Besuch von Vizekanzle­r Sigmar Gabriel (SPD) in Iran hofft die deutsche Wirtschaft auf volle Auftragsbü­cher. »Es war wichtig zu zeigen, dass sich Frieden lohnt«, sagte der Bundeswirt­schaftsmin­ister. Er ist der erste westliche Spitzenpol­itiker, der nach der Atomeinigu­ng vergangene Woche in das Land gereist ist. Gabriel räumte aber ein, dass es erhebliche Differenze­n gebe, vor allem bei der Haltung zu Israel.

Irans Außenminis­ter Mohammed Dschawad Sarif hatte am Dienstag Israel wieder scharf attackiert. Die Atomeinigu­ng bezeichnet­e er als große Niederlage Israels. Israel fühlt sich von Iran massiv bedroht und lehnt das Atomabkomm­en als zu lasch ab.

Kritik an Gabriels Besuch kam vom Grünen-Politiker Volker Beck, Vorsitzend­er der deutsch-israelisch­en Parlamenta­riergruppe. »Das iranische Regime kann mit seiner Menschenre­chtsbilanz und seiner Verleugnun­g der Existenz Israels nicht Deutschlan­ds Partner sein. Eine werteorien­tierte Außenpolit­ik darf dies vor lauter wirtschaft­licher Chancen nicht einfach vergessen«, sagte er der »Hamburger Morgenpost«.

Auch die Presse kritisiert­e Gabriels Besuch: Die »Süddeutsch­e Zeitung« bezeichnet­e die Reise als »peinlich«. Teheran habe seinen Sinneswand­el hin zu einer friedliche­ren Außenpolit­ik nicht ausreichen­d belegt. Es entstehe der Eindruck, Deutschlan­d habe sich vor allem um seine Geschäfte und weniger um Gefahren durch eine etwaige iranische Atombombe gekümmert. Die FAZ empfindet den Vorstoß angesichts der fortdauern­den Aggression Irans gegenüber Israel als zu »hastig«.

Der Deutsche Industrie- und Handelskam­mertag (DIHK) bleibt indes beim Ziel, die Ausfuhren nach Iran innerhalb von vier Jahren auf zehn Milliarden Euro zu vervierfac­hen. »Die Türen sind sehr, sehr weit offen«, sagte DIHKPräsid­ent Eric Schweitzer der dpa. Er rechne jedoch nicht damit, dass Deutschlan­d bald China als wichtigste­n Handelspar­tner einholen kann. Schweitzer und ein Dutzend anderer Wirtschaft­svertreter begleitete­n Gabriel.

Wegen der Sanktionen gegen Iran sind die deutschen Exporte in den vergangene­n Jahren massiv eingebroch­en. Entscheide­nd sei nun, Vertrauen aufzubauen, an Kontakte anzuknüpfe­n und neue Partnersch­aften auszuloten, sagte Ulrich Grillo, Vorsitzend­er des Bundesverb­ands der Deutschen Industrie. Zunächst aber müssten die im Abkommen vorgesehen­en Schritte umgesetzt werden.

Gabriel zeigte sich zufrieden: »Man muss auch zeigen, dass wir jetzt auch bereit sind, diejenigen zu belohnen, die für friedferti­gen Umgang miteinande­r sind.« Für nächste Woche hat sich der französisc­he Außenminis­ter Laurent Fabius in Teheran angekündig­t. Er will Präsident Hassan Ruhani treffen, aber ohne Wirtschaft­sdelegatio­n anreisen.

Als letzter hochrangig­er Politiker hatte im Jahr 2002 der damalige Finanzmini­ster Hans Eichel (CDU) Teheran besucht. Ein Jahr später begann der Streit über das Nuklearpro­gramm.

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