Wackelig wie ein Kartenhaus
Ökonomen und Medien streiten über mögliche Immobilienblase in Australien
Der große Knall der australischen Immobilienblase steht bevor. So stellen Medien seit Jahren den Immobilienmarkt dar. Doch anstatt zu sinken, klettern die Preise.
In kaum einem anderen Land der Welt ist der Wunsch, ein Eigenheim zu besitzen, stärker in der Psyche der Menschen verankert als in Australien. »Der australische Traum« ist es, ein Haus mit Garten zu besitzen. Oft wird dafür schon mit Anfang 20 der erste Kredit aufgenommen. Doch die Hauspreise sind in den vergangenen Jahren in die Höhe geschossen.
Steigende Preise begleiten die Australier seit Jahrzehnten. Ende der 1980er verdoppelten sich die Preise in Sydney innerhalb eines Jahres. In den drei Jahren nach der Jahrtausendwende stiegen die Hauspreise um über 60 Prozent. Im Vergleich dazu ist die augenblickliche Immobi- lienblase, die manche Medien heraufbeschwören, noch moderat.
Im vergangene Jahr haben sich die Hauspreise in Sydney um 16,2 Prozent, in Melbourne um 10,2 Prozent und in den restlichen Hauptstädten der Bundesstaaten um 9,8 Prozent erhöht. Der durchschnittliche Hauspreis in Sydney beträgt 900 000 australische Dollar (610 000 Euro), wobei Häuser am Meer oder in Stadtnähe oft etliche Millionen kosten.
Beflügelt wurde der Immobilienmarkt in Sydney durch niedrige Zinsen und einen schwächeren australischen Dollar, der Investitionen aus dem Ausland attraktiv machte, besonders aus China. Ray White Double Bay, Immobilienmakler im edlen Sydney-Stadtteil Double Bay, stellte als Reaktion sogar einen chinesischsprachigen Immobilienexperten ein. Und der machte sich sogleich bezahlt: »Allein in den letzten drei Wochen vor dem Ende des Finanzjahres haben wir Immobilien für 23 Millio- nen Dollar verkauft«, sagt Direktor Michael Finger.
Doch manchem Experten, darunter auch ein hochrangiger Angestellter im Finanzministerium, macht der gegenwärtige Trend Angst. Sie sprachen in den vergangenen Wochen öffentlich von einer Immobilienblase. Finger reagiert dagegen gelassen. Die augenblicklichen Preise am oberen Ende der Skala seien nur geringfügig höher als die von 2006 und 2007. »Das ist noch keine Preisspanne, die ich eine Immobilienblase nennen würde«, sagt der Makler. Ins gleiche Horn bläst auch ein Finanzexperte der australischen Zentralbank. Peter Tulip ging Anfang Juli sogar so weit zu behaupten, dass die australischen Hauspreise noch um 30 Prozent unterbewertet seien.
Doch trotz seines Inselcharakters ist auch Australien nicht ganz unabhängig von äußeren Einflüssen. Seit der Krise in Griechenland und der Abschwächung der Wirtschaft beim wichtigen Handelspartner China zeichnet sich eine leichte Schwächung des Immobilienmarktes ab. Finger hat diesen, wie er es nennt, »natürlichen Ausgleich« registriert. Eine aktuelle Studie der Bank ANZ bestätigt den Trend. Einen Crash sehe er zwar nicht kommen, sagte ANZChefökonom Warren Hogan der »Australian Financial Review«: »Aber wir sehen bereits erste Anzeichen einer Abkühlung.«
Manche wird es dabei härter treffen als andere. Die hübschen Villen am Meer in Sydney oder die tropischen Regionen in Queensland bleiben wohl eher verschont, doch Apartments in der Innenstadt von Melbourne verzeichnen laut dem Forschungsinstitut BIS Shrapnel schon bald ein Überangebot. Durch das Nachlassen des Rohstoffbooms könnte vor allem der Immobilienmarkt im Westen und Norden aufgrund schwindender Nachfrage nachlassen.