Schwarzfahren kommt teuer zu stehen
Neu ab 1. Juli 2015
Im nd-ratgeber vom 8. Juli 2015 haben wir an dieser Stelle über Änderungen informiert, die ab 1. Juli 2015 in Kraft traten – darunter die Verteuerung beim Schwarzfahren. Schwarzfahrer kosten die Verkehrsunternehmen Jahr für Jahr viele Millionen Euro. Nun soll ein höheres Strafgeld abschreckend wirken. Was genau ändert sich? Zum 1. Juli 2015 wird das »erhöhte Beförderungsentgelt« angehoben, und zwar von 40 auf 60 Euro. Diesen Betrag muss zahlen, wer ohne Ticket erwischt wird oder seinen Fahrschein nicht ordnungsgemäß entwertet hat. Wird die Erhöhung überall gleichzeitig wirksam? Nein, viele Verkehrsbetriebe schaffen die Umstellung nicht mehr rechtzeitig. So gelten die Änderungen in Hamburg, München und im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr erst ab August. In Berlin und Stuttgart traten sie fristgemäß in Kraft. Die Deutsche Bahn AG wird nach Angaben einer Sprecherin aber in allen Regional- und Fernzügen erst vom 1. August an 60 Euro von Schwarzfahrern verlangen. Auch in den meisten S-Bahnen wird das wohl so sein. Ist Schwarzfahren tatsächlich ein so großes Problem? Vorweg diese Zahl: 97,98 Prozent der Fahrgäste sind ehrliche Kunden. Dem steht gegenüber, dass das Schwarzfahren die Verkehrsunternehmen viel Geld kostet. 250 Millionen Euro gehen ihnen jedes Jahr durch nicht gekaufte Tickets verloren, schätzt der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Noch einmal 100 Millionen sind aufzubringen, um die Kontrolleure und deren Ausrüstung zu bezahlen. Die Kriminalstatistik listet fürs vergangene Jahr 271 119 Fälle von »Beförderungserschleichung« auf, wie das Schwarzfahren in der Fach- sprache des Strafgesetzbuches heißt. Im Vergleich zu 2013 ist das ein Anstieg um 15,2 Prozent. Laut VDV hat das hauptsächlich damit zu tun, dass immer intensiver in den Bahnen kontrolliert wird. Wird das Problem mit einer Geldbuße von 60 statt 40 Euro wirklich gelöst? Darüber gehen die Meinungen weit auseinander. VDV-Sprecher Lars Wagner spricht von einem »guten und richtigen Anfang«. Sein Verband hatte sich dafür eingesetzt, dass notorische Schwarzfahrer beim zweiten und dritten Mal nicht mehr mit 60 Euro davonkommen, sondern bis zu 120 Euro zahlen müssen.
Auch der Fahrgastverband Pro Bahn und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) vertreten die Meinung, dass nur gestaffelte Geldbußen etwas bewirken. So eine Regelung ist auch jetzt nicht vorgesehen. Allerdings kann man in Deutschland im Extremfall fürs Schwarzfahren sogar im Gefängnis landen. Verbraucherschützer und Fachverbände bemängeln die Neuregelung. Warum? Die pauschale Erhöhung um 20 Euro treffe die Falschen, meinen vzbv und Pro Bahn. Man müsse versuchen, in irgendeiner Form zu differenzieren zwischen Leuten, die vorsätzlich ständig schwarzfahren, und Leuten, die am Automaten gescheitert seinen, meint Pro Bahn. Auch mache das viel zu komplizierte Tarifsystem mit seinen regionalen Unterschieden es den Kunden unnötig schwer, an die richtige Fahrkarte zu kommen. Mal müssten die Tickets vor der Fahrt gekauft werden, mal in der Bahn, mal müssten sie abgestempelt werden, mal nicht.
Die Kritiker sind überzeugt, dass viele Schwarzfahrten gar nicht absichtlich passieren. Eine Kulanzregelung sieht zwar der Gesetzgeber vor, aber in der Praxis gibt es sie nicht. dpa/nd