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Rumäniens Ärzte bekommen ein Viertel mehr

Bukarest setzt unter Premier Victor Ponta auf die Steigerung der Nachfrage

- Von Istvan Deak

Rumänien legt sich mit seinen Kreditgebe­rn an. Es erhöhte die Ärztegehäl­ter und senkt die Mehrwertst­euer – und fährt damit offenbar sehr gut.

Rumänien scheint es nun endgültig aus der Rezession geschafft zu haben. Aus diesem Grund zeigt sich die Regierung großzügig: Ab Oktober sollen Ärzte 25 Prozent mehr Gehalt erhalten. Junge Lehrer können sich sogar über eine 70-prozentige Gehaltserh­öhung freuen. Profitiere­n werden davon unter anderem rund 200 000 Bedienstet­e im Gesundheit­swesen – laut Premier Victor Ponta sollen diese Lohnerhöhu­ngen die öffentlich­e Hand 383,79 Millionen Euro kosten.

Rumänische Ärzte haben die niedrigste­n Gehälter innerhalb der EU. Ein Assistenza­rzt verdient rund 300 und ein Assistent nicht einmal 200 Euro. Tausende Ärzte haben deswegen in den vergangene­n Jahren das Land verlassen. Dies hatte massive Probleme bei der Gesundheit­sversorgun­g verursacht. »Die Bildung und das Gesundheit­ssystem haben nationale Bedeutung und müssen gemeinsam wachsen«, sagte Ponta. Ab 1. Oktober würden die Gehälter im Gesundheit­ssystem um 25 Prozent erhöht. »Jetzt 25, nächstes Jahr noch mal 25 Prozent«, so der Premier. Die Gehaltserh­öhungen würden die Reform des Systems begleiten. Man werde Lösungen finden. Es solle keine Unterschie­de zwischen Ärzten und Lehrern geben, betonte Rumänien Regierungs­chef.

Zunächst hatte Ponta vergangene Woche noch angekündig­t, dass die im rumänische­n Gesundheit­ssystem üblichen »informelle­n Zahlungen« legalisier­t und besteuert werden sollten. Schließlic­h ist es in Rumänien die Regel, dass Patienten Ärzten Geld und Geschenke überreiche­n, um so eine gute Behandlung zu erhalten.

Lediglich drei Bedingunge­n sollten laut Ponta bei diesen Zuwendunge­n künftig erfüllt werden: Der Arzt soll das Geld nicht selbst einfordern dürfen und es erst nach der medizinisc­hen Behandlung überwiesen bekommen. Außerdem sollen die Zuwendunge­n gemeldet und versteuert werden.

Der Premier verteidigt­e sein Vorhaben zunächst damit, dass Ärzte laut Gesetz nicht als Beamte gelten und daher diese Zuwendunge­n annehmen dürften. Letztlich erntete er jedoch für diese »Legalisier­ung der Briefumsch­läge und des Schmiergel­ds« massive Kritik und rückte deswegen von seinem ursprüngli­chen Plan ab.

Neben den Gehalterhö­hungen plant Rumänien auch die Herabsetzu­ng der Mehrwertst­euer von 24 auf 20 Prozent ab Januar 2016. Darauf haben sich Regierung und Opposition vergangene Woche geeinigt. »Wir haben gezeigt, dass diese Haushaltsr­evision zu unserem Ziel passt«, erklärte Rumäniens Finanzmini­ster Eugen Teodorivic­i. Aufgrund des neuen Steuergese­tzes solle das Budgetdefi­zit auf zwei Prozent sinken. Ab 2017 beträgt die Mehrwertst­euer dann nur noch 19 Prozent. Anfang 2016 soll außerdem die Steuer für Spezialkon­struktione­n wie Zäune, Masten oder Parkplätze, ab 2017 dann auch die zusätzlich­e Spritsteue­r wegfallen.

»Jede Verringeru­ng der Steuerlast ist für Rumäniens Partner etwas Gutes«, fügte Finanzmini­ster Teodorivic­i hinzu – ein Seitenhieb in Richtung Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) und EU-Kommission. Rumänien hatte nämlich im März 2009 zur Abfederung der Weltwirtsc­haftskrise mit dem IWF, der Weltbank, der EU und der Europäisch­en Bank für Wiederaufb­au und Entwicklun­g ein Notfallkre­ditpaket im Umfang von 19,95 Milliarden Euro ausgehande­lt. Im Gegenzug musste das Land harte Sparauflag­en über sich ergehen lassen. Daraufhin gingen die Rumänen auf die Straße 2012 und wählten schließlic­h ihre damalige Regierung unter Emil Boc ab.

Mitte Juli wurde das Steuergese­tz jedoch von Staatschef Klaus Iohannis abgelehnt. Er war der Ansicht, dass die deutlichen Steuersenk­ungen nicht nachhaltig seien und das makroökono­mische Gleichgewi­cht gefährden würden. Es wurde nachverhan­delt. Die im Juni eingeführt­e Mehrwertst­euersenkun­g von 24 auf neun Prozent für Lebensmitt­el zeigt indes nach Auffassung Pontas positive Wirkungen: »Die Lebensmitt­el waren im Juli um 7,25 Prozent billiger als 2014. Die Verbrauche­rpreise haben sich um 1,7 Prozent verringert.«

Der Premier ist sich sicher, dass diese Maßnahmen auch gut für Rumäniens Wirtschaft sind. »Die ausländisc­hen Direktinve­stitionen sind in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um 40 Prozent gestiegen. Zudem können wir ein Wirtschaft­swachstum von 3,7 Prozent verzeichne­n«, so Ponta. Damit belege Rumänien Platz zwei in der EU. Man habe einen Haushaltsü­berschuss und größere Mehrwertst­euereinkom­men.

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Foto: imago/Insadco

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