nd.DerTag

Scheiterha­ufen hinter Tsipras

Konkurrent­en von SYRIZA beginnen, in den eigenen Reihen aufzuräume­n

- Von John Malamatina­s, Athen

Die Wahlanalys­e lässt keine Zweifel: Alexis Tsipras wird weiterhin als die einzige vertrauens­würdige Führungskr­aft der griechisch­en Politik angesehen. Die Jugend, Frauen, Erwerbslos­e und Prekarisie­rte, ärmere Bevölkerun­gsschichte­n haben seine Wiederwahl möglich gemacht. Auf der Gegenseite scheiterte der Versuch des Chefs der konservati­ven Nea Dimokratia, Evangelos Meimarakis, sich als volksnah zu inszeniere­n und sich an Tsipras’ Profil anzupassen. Laut Tasos Pappas von der linksgeric­hteten »Zeitung der Redakteure« hatte der zentrale Gegner von Tsipras »nichts Neues im politische­n Leben anzubieten, nicht versucht, sich von der alten Führung zu lösen«. Meimarakis’ Selbstkrit­ik blieb unkonkret. »Er hatte keine frischen Ideen und zeigte kein Anzeichen dafür, dass er zur Konfrontat­ion mit den internatio­nalen Partnern bereit ist«, so Pappas. Diese gescheiter­te Strategie wird dem kurzzeitig­en ND-Vorsitzend­en nun wohl den Kopf kosten. Das Verfahren zur Wahl einer neuen Parteiführ­ung wurde am Dienstag eingeleite­t.

Ein bitterer Nachgeschm­ack bleibt auch der Erfolg der neonazisti­schen Partei Chrysi Avgi. Trotz des Prozesses gegen sie als kriminelle Vereinigun­g etablierte sich die Goldene Morgenröte erneut als drittstärk­ste Kraft. Zwei Tage vor der Wahl und einen Tag vor dem Jahrestag der Ermordung des antifaschi­stischen Musikers Pavlos Fyssas übernahm Parteichef Nikolaos Michalolia­kos die politische Verantwort­ung für den Mord. Die Mutter von Pavlos, Magda Fyssa, erklärte nun jeden, der für Chrysi Avgi gestimmt hat, für mitschuldi­g.

Großer Verlierer des Wahltags ist die SYRIZA-Abspaltung Laiki Enotita. Mit 2,86 Prozent verfehlte sie den Sprung ins Parlament. Die Niederlage der prominente­n Ex-SYRIZA-Mitglieder Panagiotis Lafazanis und Zoe Konstantop­oulou ist die Bestätigun­g des Lagers von Tsipras und spricht für die mehrheitli­che Ablehnung jeglicher Grexit-Pläne. Nontas Skyftoulis, Mitglied der Antiautori­tären Bewegung, kommentier­t die Niederlage der selbst erklärten Verteidige­r des Referendum­s-»Oxi« so: »Die Linke hat den Krieg verloren. Einzelne Kämpfe kann sie gewinnen. Nur jemand, der das verstanden hat, kann Ministerpr­äsident werden.« Die Zukunft der »Volkseinhe­it« ist noch völlig offen.

Genauso offen ist die des Chefs der technokrat­ischen Partei To Potami, Stavros Theodoraki­s. In seinem ersten Statement nach der Wahl erschien der einstige Journalist ziemlich ratlos und war zum ersten Mal bereit zur Selbstkrit­ik, »die aber erst in den nächsten Tagen gemeinsam in der Partei erarbeitet wird«.

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