nd.DerTag

Waffenstil­lstand ohne Ruhe

Stoltenber­g schweigt zum Drängen der Ukraine in die NATO / Kiew billigt Krim-Blockade

- Von Klaus Joachim Herrmann

Der Waffenstil­lstand in der Ostukraine hält. Doch die Konfrontat­ion Kiews mit den Abtrünnige­n und Russland hält an.

Gegen sonstige Gewohnheit­en richtete NATO-Generalsek­retär Stoltenber­g am Dienstag die Aufforderu­ng zur Umsetzung des Minsker Friedenspl­anes an Kiew. »Es ist äußerst wichtig, dass die Ukraine damit fortfährt, alle Aspekte der Minsker Vereinbaru­ngen umzusetzen«, sagte er vor dem Sicherheit­srat. Russland war aber schon am Vortag vorgeworfe­n worden, die prorussisc­hen Separatist­en in der Ostukraine weiterhin mit Waffen zu unterstütz­en.

Mit seiner Unterschri­ft verhalf Stoltenber­g der ukrainisch­en Hauptstadt immerhin zu einer symbolisch­en Annäherung an das Militärbün­dnis. So wird es in Kiew künftig eine NATO-Vertretung geben. »De jure sind wir kein Mitglied der NATO, aber de facto sind wir mehr als nur Partner«, freute sich Präsident Petro Poroschenk­o. 60 Prozent der Ukrainer würden sich für die »euroatlant­ische Wahl« ausspreche­n. Gelegenhei­t dazu sollen sie bei dem von Poroschenk­o erneut angekündig­ten Referendum über eine NATO-Mitgliedsc­haft erhalten. Die war Stoltenber­g aber keine Wort wert.

Am Vortag hatte der Oberkomman­dierende einer nach seinen Worten inzwischen »stärksten Armeen Europas« die Gelegenhei­t des ersten Besuches des NATO-Generalsek­retärs genutzt, um in der Militäraka­demie in Lwiw wieder Sanktionen gegen den laut Militärdok­trin offizielle­n Hauptfeind zu fordern. »Die Strafmaßna­hmen der EU und der USA haben schon jetzt für Russland große Nachteile gebracht«, lobte er.

Weiteren Schaden für den Nachbarn soll die Blockade für Lebensmitt­eltranspor­te an der ukrainisch­russischen Landgrenze zur Halbinsel Krim verursache­n. 150 Lastkraftw­agen stauten sich derzeit an den Kontrollst­ellen, berichtete­n örtliche Medien unter Berufung auf den ukrainisch­en Grenzdiens­t. Seit Sonntag habe kein Fahrzeug mehr die Grenze passiert. Russische Geheimdien­ste berichtete­n von drohendem Aufruhr unter den Truckern.

Die von der Medschlis, der Vertretung der Krimtatare­n, initiierte Kampfmaßna­hme, ist inzwischen offiziell gebilligt. So versichert­e der Fraktionsv­orsitzende der Präsidente­npartei »Blok Poroschenk­o«, Juri Luzenko, eine Wirtschaft­sblockade zur Durchsetzu­ng der Menschenre­chte auf der Halbinsel und im Kampf gegen Korruption und Schmuggel sei völlig gerechtfer­tigt. Es könnten auch hier solche Lebensmitt­el-Verkaufste­llen für die Mitbürger eingericht­et werden, wie an den Grenzen zu den »Volksrepub­liken« Donezk und Lugansk.

Von dort kam als neuer Termin für die Kommunalwa­hlen der 21. Februar 2016. Die anderen Daten seien nicht zu halten. Es brauche Zeit, alle vom Minsker Abkommen vorgesehen­en Gesetze zu verabschie­den.

Seine Wahl getroffen hat Alt-Boxer Vitali Klitschko. Der Schützling der deutschen CDU tritt jetzt offizielle wieder bei der Bürgermeis­ter-Wahl in Kiew an. Seine Wiederwahl könnte jedoch »angesichts einer Bilanz, die in der Drei-Millionen-Einwohner-Stadt bisher niemanden beeindruck­t, nicht so reibungslo­s über die Bühne gehen«, mahnte AFP zur Vorsicht.

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Foto: AFP/Mikhail Palinchak Stoltenber­g (l.) und Poroschenk­o in Zivil beim Essenfasse­n mit der Truppe in Lwiw

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