Waffenstillstand ohne Ruhe
Stoltenberg schweigt zum Drängen der Ukraine in die NATO / Kiew billigt Krim-Blockade
Der Waffenstillstand in der Ostukraine hält. Doch die Konfrontation Kiews mit den Abtrünnigen und Russland hält an.
Gegen sonstige Gewohnheiten richtete NATO-Generalsekretär Stoltenberg am Dienstag die Aufforderung zur Umsetzung des Minsker Friedensplanes an Kiew. »Es ist äußerst wichtig, dass die Ukraine damit fortfährt, alle Aspekte der Minsker Vereinbarungen umzusetzen«, sagte er vor dem Sicherheitsrat. Russland war aber schon am Vortag vorgeworfen worden, die prorussischen Separatisten in der Ostukraine weiterhin mit Waffen zu unterstützen.
Mit seiner Unterschrift verhalf Stoltenberg der ukrainischen Hauptstadt immerhin zu einer symbolischen Annäherung an das Militärbündnis. So wird es in Kiew künftig eine NATO-Vertretung geben. »De jure sind wir kein Mitglied der NATO, aber de facto sind wir mehr als nur Partner«, freute sich Präsident Petro Poroschenko. 60 Prozent der Ukrainer würden sich für die »euroatlantische Wahl« aussprechen. Gelegenheit dazu sollen sie bei dem von Poroschenko erneut angekündigten Referendum über eine NATO-Mitgliedschaft erhalten. Die war Stoltenberg aber keine Wort wert.
Am Vortag hatte der Oberkommandierende einer nach seinen Worten inzwischen »stärksten Armeen Europas« die Gelegenheit des ersten Besuches des NATO-Generalsekretärs genutzt, um in der Militärakademie in Lwiw wieder Sanktionen gegen den laut Militärdoktrin offiziellen Hauptfeind zu fordern. »Die Strafmaßnahmen der EU und der USA haben schon jetzt für Russland große Nachteile gebracht«, lobte er.
Weiteren Schaden für den Nachbarn soll die Blockade für Lebensmitteltransporte an der ukrainischrussischen Landgrenze zur Halbinsel Krim verursachen. 150 Lastkraftwagen stauten sich derzeit an den Kontrollstellen, berichteten örtliche Medien unter Berufung auf den ukrainischen Grenzdienst. Seit Sonntag habe kein Fahrzeug mehr die Grenze passiert. Russische Geheimdienste berichteten von drohendem Aufruhr unter den Truckern.
Die von der Medschlis, der Vertretung der Krimtataren, initiierte Kampfmaßnahme, ist inzwischen offiziell gebilligt. So versicherte der Fraktionsvorsitzende der Präsidentenpartei »Blok Poroschenko«, Juri Luzenko, eine Wirtschaftsblockade zur Durchsetzung der Menschenrechte auf der Halbinsel und im Kampf gegen Korruption und Schmuggel sei völlig gerechtfertigt. Es könnten auch hier solche Lebensmittel-Verkaufstellen für die Mitbürger eingerichtet werden, wie an den Grenzen zu den »Volksrepubliken« Donezk und Lugansk.
Von dort kam als neuer Termin für die Kommunalwahlen der 21. Februar 2016. Die anderen Daten seien nicht zu halten. Es brauche Zeit, alle vom Minsker Abkommen vorgesehenen Gesetze zu verabschieden.
Seine Wahl getroffen hat Alt-Boxer Vitali Klitschko. Der Schützling der deutschen CDU tritt jetzt offizielle wieder bei der Bürgermeister-Wahl in Kiew an. Seine Wiederwahl könnte jedoch »angesichts einer Bilanz, die in der Drei-Millionen-Einwohner-Stadt bisher niemanden beeindruckt, nicht so reibungslos über die Bühne gehen«, mahnte AFP zur Vorsicht.