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Seltsame Justizposs­e in Thüringen

LINKE-Abgeordnet­e wartet auf Aussagegen­ehmigung

- Von Sebastian Haak, Erfurt

Anders als geplant, ist im Prozess wegen Volksverhe­tzung gegen die Sügida-Anmelderin Yvonne W. vor dem Amtsgerich­t Suhl am vergangene­n Freitag kein Urteil gefallen. Der Prozess war kurz nach seiner Eröffnung unterbroch­en verschoben worden. Grund ist nach Angaben des Gerichts, dass für eine der wichtigste­n Zeugen des Prozesses keine Aussagegen­ehmigung des Landtages vorlag: die LINKE-Abgeordnet­e des Thüringer Landtages Katharina König. Nach Auffassung des Vorsitzend­en Richters ist eine solche Genehmigun­g aber nötig. Sügida war die erste Variante des Thüringer Pegida-Ablegers Thügida.

Die Staatsanwa­ltschaft Meiningen wirft W. vor, im Internet gegen Ausländer und Linke gehetzt zu haben. Sie habe sich so der Volksverhe­tzung schuldig gemacht, argumentie­ren die Strafverfo­lger. Die Verteidige­r W.s bestreiten das. W. hatte die ersten Sügida-Demonstrat­ionen angemeldet, die Anfang 2015 in Suhl stattfande­n. König hatte W. wegen deren Äußerungen im Netz angezeigt und das Verfahren so ins Rollen gebracht.

Ein Sprecher des Thüringer Landtages sagte, es sei auch nach Auffassung der Juristen der Landtagsve­rwaltung richtig, dass Landtagsab­geordnete »grundsätzl­ich eine Sondergene­hmigung des Landtages« brauchten, wenn sie zum Beispiel in einem Strafverfa­hren nicht am Sitz des Landtages – also in Erfurt – aussagen sollten. »Landtag« meine in diesem Fall: Plenum, nicht Landtagsve­rwaltung oder Landtagspr­äsident. Die Abgeordnet­en des Parlaments müssten also darüber abstimmen, ob König in dem Verfahren vor dem Amtsgerich­t Suhl aussagen darf.

»Wir hatten so einen Fall noch nicht.«

Sprecher des Thüringer Landtages

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