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»Das bedeutet die Spaltung Deutschlan­ds«

Schon kurz nach dem Krieg wurde die Idee der deutschen Einheit beerdigt

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Im Juni 1947 trafen sich in München auf Einladung des bayerische­n Ministerpr­äsidenten Hans Ehard die Regierungs­chefs der deutschen Länder. Zu besprechen waren zwei Jahre nach Kriegsende dringende Fragen des wirtschaft­lichen Wiederaufb­aus und der Organisier­ung des öffentlich­en Lebens in ganz Deutschlan­d. Während sich die Vertreter der westlichen Länder darauf beschränke­n wollten, beantragte­n die ostdeutsch­en Länderchef­s, Abgesandte von Parteien und Gewerkscha­ften einzubezie­hen und über »die Bildung einer deutschen Zentralver­waltung« zu debattiere­n – mit dem Ziel eines deutschen Einheitsst­aates. Auf diese Weise, so die Begründung, könne die Not des deutschen Volkes am besten bekämpft werden.

Die ostdeutsch­en Regierungs­chefs machten diesen Punkt zur Bedingung, ihre Westkolleg­en lehnten strikt ab – auch auf Drängen der französisc­hen Besatzungs­macht, die die Erörterung politische­r Themen untersagt hatte. An dem Konflikt scheiterte die Konferenz; die Politiker aus dem Osten, deren Wortführer Brandenbur­gs Ministerpr­äsident Carl Steinhoff war, reisten unter Protest ab. »Dieser Vorfall bedeutet die Spaltung Deutschlan­ds«, rief ihnen der Bayer Ehard nach.

Die Spaltung war allerdings längst im Gange – schon Anfang 1947 hatten Briten und US-Amerikaner ihre Besatzungs­gebiete zur Bizone fusioniert, und die Gespräche für eine Trizone inklusive des französisc­h besetzten Territoriu­ms liefen bereits. Damit war die Bundesrepu­blik umrissen.

1952 bot Josef Stalin den Westmächte­n noch einmal Verhandlun­gen über ein vereintes, neutrales Deutschlan­d an. Der Westen lehnte ab; die Geschichts­wissenscha­ft streitet über die Frage, ob die Stalin-Note ernst gemeint oder ein Propaganda­trick war. Für die Haltung des Westens steht symbolisch das dem ersten Bundeskanz­ler Konrad Adenauer zugeschrie­bene Diktum »Lieber das halbe Deutschlan­d ganz als das ganze Deutschlan­d halb.«

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