Grüne fühlen sich hintergangen
Im Gesetzespaket zur Flüchtlingskrise steckt offenbar mehr als vereinbart. In Dresden werden die Pegida-Demonstranten immer aggressiver, und in Afghanistan ist die Lage mittlerweile so angespannt, dass sich wohl Zehntausende auf den Weg ins sichere Europa
Eigentlich hatte die Grüne Parteispitze zugesagt, den Kompromiss zum Asylrecht im Bundesrat mehrheitlich mitzutragen. Doch nun gibt es Irritationen.
Das Bundeskabinett verabschiedete auf einer Sondersitzung am Dienstag ein Gesetzespaket, mit dem man die Flüchtlingskrise unter Kontrolle zu bringen hofft. Während man Ländern und Kommunen mit Milliarden unter die Arme greifen will, wird es für Asylbewerber vom Westbalkan nahezu unmöglich, als Flüchtling anerkannt zu werden. Die Erweiterung des Kreises »sicherer Herkunftsländer« dient ebenso der Abwehr unerwünschter Migranten wie die ebenfalls beschlossenen Leistungskürzungen für bestimmte Flüchtlingsgruppen.
Eigentlich sollten die Kabinettsbeschlüsse jenen Kompromiss umsetzen, den Bund und Länder am vergangenen Donnerstag auf dem gemeinsamen Gipfel gefunden hatten. Doch offenbar hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) das Asylpaket eigenmächtig verschärft. Grünen-Chefin Simone Peter kritisierte am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, der Minister habe »durch die Hintertür zusätzliche verfassungsrechtlich bedenkliche Leistungskürzungen für Asylbewerber beschlossen, die noch über die Vereinbarung mit den Ländern hinausgehen«. Die Parteivorsitzende bezog sich dabei auf eine Passage im Gesetzentwurf, in der es um die Einschränkung von Leistungen für Asylbewerber geht. »Wir werden uns im Gesetzgebungsverfahren im Bundestag weiterhin dafür einsetzen, Härten und Schikanen gegenüber Schutzsuchenden zu verhindern«, so Peter.
Tatsächlich könnten die von den Grünen mitregierten Länder im Bundesrat das Paket verhindern. Allerdings hatte die Parteiführung bislang betont, den Kompromiss mittragen zu wollen. Noch am Montag lobte Grünen-Ko-Chef Cem Özdemir die Ver- einbarungen und ließ gegenüber der »Rheinischen Post« keinen Zweifel daran erkennen, dass »eine Reihe von Grün mitregierten Ländern dem Kompromiss zustimmen werden«. In Thüringen provozieren die Grünen in der Sache sogar einen Koalitionsstreit. Nachdem LINKEN-Chefin Susanne Hennig-Wellsow erklärt hatte, dass der Freistaat gegen die Asylrechtsverschärfung votieren werde, forderte die Grüne Umweltministerin Anja Siegesmund am Dienstag, dem Gesetzespaket zuzustimmen. »Bei diesem wichtigen Thema darf sich der Freistaat nicht enthalten«, so die Vize-Regierungschefin in der »Thüringischen Landeszeitung«.