Ran an den Bund
Frauenhäuser fordern Geld aus dem Staatshaushalt
Mit welchem Finanzierungsmodell man die desaströse Lage der Frauenhäuser verbessern könnte, war Thema eines Fachgesprächs in Berlin.
Vor zehn Jahren gab es 26 Frauenhäuser in Thüringen. Zum 1. Januar 2016 werden voraussichtlich nur noch halb so viele Einrichtungen übrig sein, für die noch weniger als die Hälfte des Geldes von 2005 zur Verfügung steht. Und selbst Schleswig-Holstein, das als positives Beispiel angeführt wird, erfüllt nicht die Mindeststandards zum Schutz von Frauen und ihren Kindern vor Gewalt, da sind sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Fachgesprächs »Frauenhäuser mitfinanzieren! Welche Handlungsoptionen hat der Bund?« im Berliner Paul-Löbe-Haus einig.
Von einem »Politikversagen auf ganzer Linie« spricht Eva Risse von der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser. Tatsächlich ist Forderung, Frauenhäuser solide zu finanzieren, ungefähr so alt wie die Einrichtungen selbst. Und die feiern nächstes Jahr ihr 40jähriges Bestehen. Kürzlich kündigte Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) eine Bedarfsanalyse an. Aber bis dahin wollten Cornelia Möhring und Ulle Schauws, die frauenpolitischen Sprecherinnen der Bundestagsfraktionen von Linkspartei und Grünen, nicht warten und luden Frauenhausvertreterinnen, Politikerinnen und Rechtsexperten in den Bundestag.
Das Grundrecht auf Schutz vom Bund einzufordern hält Joachim Wieland, Professor für Finanzrecht, nicht zuletzt angesichts klammer Kommunen und Länderschuldenbremsen für strategisch richtig. Auch müsse man von Fürsorgeaufwendungen nach Gutdünken zu ei- nem Rechtsanspruch gelangen. Möglichkeiten sieht Wieland da einige. Eine Bundesstiftung nach Vorbild der Conterganstiftung etwa, eine überregionale Förderung wie beim Sport oder ein Verwaltungsverfahren wie im Gesundheitsbereich. So wie der Arzt im Namen des Patienten bei der Krankenkasse seinen Anspruch geltend mache, könne dies bei entsprechenden gesetzlichen Regelungen ein Frauenhaus für seine Bewohnerinnen tun.
Viele der aus der ganzen Republik angereisten Frauenhausmitarbeiterinnen stehen einem solchen Geldleistungsgesetz, das auf dem Rechtsanspruch der Betroffenen basiert, skeptisch gegenüber. Für Eva Risse hat Priorität, dass eine »sichere, schnelle, unbürokratische, bedarfsgerechte Unterstützung« gewährleistet sein muss, ohne dass die von Gewalt betroffenen Frauen ihre Notlage erst nachzuweisen haben. Das sei auch gar nicht möglich, weil die meisten nach den schlimmsten Misshandlungen nicht zum Arzt oder zur Polizei gingen.
Eine Vertreterin aus Brandenburg bekommt viel Applaus, als sie moniert, dass die Option einer institutionellen Förderung von Frauenhäusern bei der Veranstaltung in den Hintergrund geraten sei. Tatsächlich geht es kaum darum, ob nicht ein »Drei-Säulen-Modell« machbar wäre, bei dem Bund, Länder und Kommunen unterschiedliche Posten übernehmen würden. Eine Finanzierung nach dem Geldleistungsgesetz »ist nicht unser Ziel, niemals«, so die Brandenburgerin.
Andere sehen das allerdings pragmatischer. Eine jüngere Kollegin aus Nordrhein-Westfalen hat nichts gegen eine Finanzierung nach dem Geldleistungsgesetz, wenn dies machbar sei. »Wir wollen nicht 30 Jahre lang die gleichen Forderungen stellen«, sagt sie.