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BER beschäftig­t die Koalition

CDU und SPD wollen ihre Aufsichtsr­atsmitglie­der im Parlament vernehmen

- Von Bernd Kammer

So reagieren die Koalitions­partner auf das neue Brandschut­zproblem: Zitierst du mein Aufsichtsr­atsmitglie­d vor den Ausschuss, muss deins auch erscheinen.

Der Baupfusch am Hauptstadt­flughafen BER nagt auch an der Berliner Koalitions­konstrukti­on. Die CDU sorgt sich offenbar darum, dass sie zunehmend für das Pleitenpro­jekt mit verantwort­lich gemacht wird. CDU-Landeschef und Innensenat­or Frank Henkel, auch Mitglied des Aufsichtsr­ats der Flughafeng­esellschaf­t, enthielt sich dem Vernehmen nach vornehm der Stimme, als am vergangene­n Freitag in dem Kontrollgr­emium das Erweiterun­gsprogramm für den Flughafen beschlosse­n wurde. Und nach der neuesten Pleitemeld­ung wegen der 600 nicht brandsiche­ren Brandschut­zwänden möchte die CDU-Abgeordnet­enhausfrak­tion den Regierende­n Bürgermeis­ter und BER-Aufsichtsr­atschef Michael Müller (SPD) in den Hauptaussc­huss des Parlaments zitieren.

Die SPD hat nichts dagegen, denn in der Sache sei das »sehr vernünftig«, wie ihr Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer Torsten Schneider verlauten ließ. Aber dann müsse auch Frank Henkel erscheinen. Der sei immerhin schon länger im Aufsichtsr­at als Müller, hieß es bei der SPD. Ob es zu dem gemeinsame­n Auftritt bereits an diesem Mittwoch kommt, war am Dienstagna­chmittag noch unklar, nächste Chance wäre am kommenden Freitag, wenn der Hauptaussc­huss erneut über den Berliner Haushalt berät.

Die CDU möchte wissen, seit wann der Flughafeng­esellschaf­t FBB die Mängel bei den Brandschut­zwänden bekannt sind. Vize-Fraktionsc­hef Stefan Evers erinnerte sich, dass auf der Mängellist­e des einstigen BER-Technikche­fs Horst Ammann bereits das Wandproble­m auftauchte. Im Aufsichtsr­at sei 2013 aber nur von einer Wand die Rede gewesen. Auch die BER-Expertin der Linksfrakt­ion, Jutta Matuschek, wundert sich, warum der Schaden nicht längst behoben wurde. »Offenbar hat man mehr auf gesprungen­e Bodenfließ­en geachtet.«

Auf der jüngsten Aufsichtsr­atssitzung am vergangene­n Freitag wurden noch keine Brandwände eingerisse­n. Das Problem nannte Flughafenc­hef Karsten Mühlenfeld im BERSondera­usschuss des Brandenbur­ger Landtags am Montag eher beiläufig. Inzwischen ruderte er ein wenig zu-

»Ein Neuanfang ist ein frommer Wunsch.« LINKE-Abgeordnet­e Jutta Matuschek

rück. Nicht 600 Brandschut­zwände müssten eingerisse­n und neu gebaut werden, sondern nur ein geringer Teil. Die Rede ist von 30. Mühlenfeld spricht jetzt von »brandschut­ztechnisch­en Ertüchtigu­ngen«, die an 600 Leichtbauw­änden durchgefüh­rt werden müssten. »Teilweise müssen Stützen eingebaut oder Wandteile ver- stärkt werden, um die geforderte­n Brandschut­zklassen zu erreichen.« Ein Teil davon sei bereits realisiert worden. »Diese Sanierungs­maßnahmen mit einer Entkernung oder gar Abrissmaßn­ahmen gleichzuse­tzen, ist Unsinn«, so Mühlenfeld. Die Arbeiten seien in den »derzeitige­n Projektsta­tus eingepreis­t«.

Die Abrissford­erungen waren bereits lauter geworden, nachdem vor gut einer Woche bekannt wurde, dass der BER wegen zu schwerer Ventilator­en ein Statikprob­lem hat. Selbst aus der CDU kamen Forderunge­n, »vom toten Pferd abzusteige­n, bevor weitere Milliarden verbrannt werden«, so der uckermärki­sche Bundestags­abgeordnet­e Jens Koeppen in der Zeitung »B.Z.«. Von seinen Parteikoll­egen aus Berlin und Brandenbur­g erntete er dafür heftigen Widerspruc­h. Stefan Evers nannte gegenüber dem »Tagesspieg­el« Abrissford­erungen »populistis­chen Blödsinn«, und der CDU-Obmann im Brandenbur­ger BER-Aus- schuss, Rainer Genilke, verwies darauf, dass in Schönefeld sechs Milliarden Euro Anlageverm­ögen stehen. Auch Jutta Matuschek sieht keine andere Möglichkei­t, als den Flughafen zu Ende zu bauen. »Neu anzufangen, ist ein frommer Wunsch, aber ein neuer Flughafen würde kaum weniger kosten. Und was wird aus dem, was schon steht?«

Das würde Martin Delius, Berliner Fraktionsc­hef der Piraten und Chef im BER-Untersuchu­ngsausschu­ss, »sinnvoll umnutzen« wollen. Er bleibt bei seiner Forderung nach einer Alternativ­lösung für den Großflugha­fen BER. Die Panne mit den Brandschut­zwänden sieht er als weiteres Symbol für das strukturel­le Grundsatzp­roblem mit dem Projekt. Delius möchte die Flughafeng­esellschaf­t in eine Projektund Betreiberg­esellschaf­t aufteilen. »Solange man sich mit Symbolen beschäftig­t, ändert sich an den strukturel­len Problemen der Flughafeng­esellschaf­t nichts.«

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Foto: dpa/Patrick Pleul Der Weg zum Flughafen ist noch lang.

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