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Platzsuche nach dem grünen Wahlschock

Bremens frühere Landtags-Vizepräsid­entin pocht auf ihr Rückkehrre­cht zur »Umwelt Beratung« – das sorgt für Ärger

- Von Alice Bachmann, Bremen

Was tun, wenn jemand nach zwölf Parlaments­jahren überrasche­nd sein Mandat verliert und zurück will auf seinen früheren Posten? In Bremen sorgt dies für Probleme.

Das Wundenleck­en nach dem Wahldesast­er für die rot-grüne Koalition vor fünf Monaten in Bremen ist eigentlich längst vorbei. Jedoch die »Bremer Umwelt Beratung« bekommt die negativen Auswirkung­en erst jetzt so richtig zu spüren: Eine nicht wieder ins Parlament eingezogen­e grüne Abgeordnet­e will dort ihre Geschäftsf­ührungspos­ition wieder haben. Und die Frau ist auch noch im Recht.

Nach dem Traumergeb­nis von 22,5 Prozent der abgegebene­n Stimmen im Jahr 2011 waren die Bremer Grünen im vergangene­n Mai auf 15,1 Prozent abgestürzt. Dieses Desaster hatte unangenehm­e Folgen zum Beispiel für die Grünenpoli­tikerin Silvia Schön, die zwölf Jahre durchgehen­d ein Mandat für den Bremer Landtag hatte. In der zurücklieg­enden Legislatur­periode war Schön sogar Vizepräsid­entin der Bremischen Bürgerscha­ft, wie der Landtag in der Hansestadt heißt.

Zwar blieben die Bremer Grünen zusammen mit der SPD in der Regierung, aber ihre Fraktion ist geschrumpf­t. Und die »waschechte« Bremerin und Umweltexpe­rtin Silvia Schön konnte mit ihrem Listenplat­z 15 kein Mandat im neuen Bremer Landtag mehr gewinnen. Bereits kurz nach der Wahl dankte sie auf ihrer Homepage allen, die sie gewählt und unterstütz­t hatten sowie ihren nun ehemaligen Fraktionsk­ollegen. Und sie äußerte Vorfreude auf all das, was nun vor ihr liege.

Nicht so recht geteilt wird diese Freude beim Verein »Bremer Umwelt Beratung«, in dem Schön vor ihrer Parlaments­phase Geschäftsf­ührerin war. Denn die ehemalige Abgeord- nete hatte seinerzeit ein Rückkehrre­cht ausgehande­lt, das sie nun wahrnehmen will. Der kleine Verein lebt allerdings von der Hand in den Mund, hangelt sich von Jahr zu Jahr mit Hilfe von Zuschüssen aus dem Bremer Umweltress­ort und Projektmit­teln, die immer wieder neu eingeworbe­n werden müssen. Und dies schon seit einem Vierteljah­rhundert. Selbstvers­tändlich blieb der Geschäftsf­ührungsses­sel nicht zwölf Jahre lang vakant – Jürgen Ritterhoff hat jetzt den Posten inne. Im Verein besteht die Überzeugun­g, sich keine zwei bezahlten Geschäftsf­ührungsste­llen leisten zu können.

Dass die 56-jährige Schön von ihrem Rückkehrre­cht Gebrauch machen will, kam für alle überrasche­nd. Irgendwie schien es selbstvers­tändlich, dass sie weiterhin in der Politik Lohn und Brot finden werde.Der Vorstandsv­orsitzende des Vereins, Klaus Prietzel, erklärte jedenfalls gegenüber der Bremer Tageszeitu­ng »Weser Ku- rier«, Schön habe das Rückkehrre­cht und sie wolle es, für den Verein wider Erwarten, auch wahrnehmen. Das bringe dem Verein finanziell­e Probleme. Auch führte er weiter aus, es habe niemand damit gerechnet, dass es Schwierigk­eiten geben könne, sich mit der ohne Gehalt freigestel­lten Geschäftsf­ührerin zu einigen.

Die ehemalige Bürgerscha­fts-Vize-Präsidenti­n war wohl ebenfalls unangenehm überrascht. Sie schaltete einen Anwalt ein und wollte über ihn herausfind­en lassen, ob die »Bremer Umwelt Beratung« tatsächlic­h so knapp bei Kasse sei, dass sie sich keine bezahlte zweiköpfig­e Spitze leisten könne.

Der letzte Eintrag auf Schöns Homepage ist über drei Monate alt und besteht aus einer Kritik am Koalitions­beschluss, in Bremerhave­n einen riesigen Offshore-Hafen zu bauen. Danach ist die ehemalige grüne Bürgerscha­ftsabgeord­nete und Landtags-Vizepräsid­entin abgetaucht.

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