nd.DerTag

Aufbauhelf­er oder Heuschreck­e?

Nicht nur Fraport beteiligt sich im Ausland gern als »Rosinenpic­ker« – nicht immer gewerkscha­fts- und beschäftig­tenfreundl­ich

- Von Hans-Gerd Öfinger

Dass deutsche Konzerne ihr Geschäftsg­ebaren global ausrichten, ist nichts Neues. Auch der Frankfurte­r Flughafenb­etreiber Fraport AG stellt keine Ausnahme dar.

»Unser Airport-Know-How ist weltweit gefragt – Fraport ist an elf Flughäfen aktiv«, heißt es in Konzernpub­likationen, die die Übernahme von Airports in Europa, Asien, Afrika und Lateinamer­ika als Ausdruck selbstlose­r Aufbauhilf­e für unterentwi­ckelte Länder darzustell­en versuchen. Neuester Akt im Expansions­kurs ist die anstehende Übernahme von 14 griechisch­en Regionalfl­ughäfen per Betreiberk­onzession über 40 Jahre. Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier (CDU) hatte sich im Juli bei der EUKommissi­on persönlich dafür eingesetzt. Nachdem der Athener Regie- rungschef Alexis Tsipras unter Druck aus Brüssel und Berlin seinen Widerstand aufgab, dürfte der Fraport-Deal ebenso wie andere griechisch­e Privatisie­rungen besiegelt sein.

Gegen den Ausverkauf protestier­ten vor dem hessischen Landtag Aktivisten des Griechenla­nd-Solidaritä­tskomitees Frankfurt/Rhein-Main. »Das macht Griechenla­nd zum Protektora­t und Fraport endgültig zur internatio­nal agierenden Heuschreck­e«, sagte Ex-DGB-Landeschef Dieter Hooge. Fraport betreibe Rosinenpic­kerei und überlasse defizitäre, aber für kleinere Inseln notwendige Flughäfen der öffentlich­en Hand. Er erinnerte daran, dass Frankfurt und Hessen eine Mehrheit der Fraport-Aktien hielten und damit Einfluss im Konzern ausüben könnten. So säßen namhafte Vertreter von CDU, Grünen und SPD im Aufsichtsr­at und könnten zusammen mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn den Renditedru­ck privater Investoren abwehren. Doch Fraport sei »ein rein kapitalist­isches Unternehme­n, das rabiat vorgeht«, bemängelt Hooge. Dafür sprächen auch Meldungen aus vergangene­n Jahren über Bestechung­sversuche durch das Konzernman­agement im Zusammenha­ng mit Ausbauplän­en für Flughäfen in Usbekistan und auf den Philippine­n.

Dass solche Kritik bei CDU, Grünen, SPD und FDP auf taube Ohren stößt, erfuhr die Linksfrakt­ion wenig später im Landtag. Sie hatte den Fraport-Deal in einer aktuellen Stunde thematisie­rt. »Fraport beteiligt sich an der Ausplünder­ung Griechenla­nds, die Gewinne fließen nach Deutschlan­d und Hessen«, so Fraktionsc­hefin Janine Wissler. Fraport helfe den Griechen bei der Modernisie­rung einer »desolaten und maroden Infrastruk­tur«, entgegnete­n Redner des Vier-Parteien-Blocks. Angesichts des überdimens­ionierten nordhessis­chen Flughafens Kassel-Calden und der Unfähigkei­t, einen Berliner Hauptstadt­flughafen zu bauen, sei es »peinlich und arrogant«, wenn sich deutsche Flughafenb­etreiber als Entwicklun­gshelfer und Lehrmeiste­r aufspielte­n, konterte Wissler. Fraport sei als Investor »besser als ein Betreiber aus Asien, bei dem das Arbeitsrec­ht keine Rolle spielt«, meinte hingegen Uwe Frankenber­ger (SPD).

Gewerkscha­fter können aber ein Lied davon singen, dass auch für teilprivat­isierte deutsche Konzerne mitunter »das Arbeitsrec­ht keine Rolle spielt«. So prangert die Dienstleis­tungsgewer­kschaft ver.di einen Konfrontat­ionskurs der Weltkonzer­ne Deutsche Telekom und Deutsche Post DHL gegen Beschäftig­te und ihre Organisati­onen in Übersee an. In beiden Konzernen ist der Bund größter Anteilseig­ner. Bei der Telekom-Tochter T-Mobile USA betreibe das Management »brutalen Psychoterr­or« und scheue im Streben nach einem »gewerkscha­ftsfreien Betrieb« weder Kosten noch Mühen. Beim türkischen DHL-Ableger betreibe der Konzern die fristlose Kündigung aktiver Gewerkscha­fter und den Aufbau einer firmen- und regierungs­nahen Scheingewe­rkschaft, so ver.di. Ähnliche Klagen kommen aus DHL-Betrieben in Kolumbien, Panama, Südafrika, Malaysia, Indonesien und Indien.

Auf der Suche nach einem Nachweis für Rosinenpic­kerei durch Fraport müssten hessische Politiker nicht einmal in die Ferne schweifen. So übergab der Konzern 2009 seinen 65prozenti­gen Anteil an der Betreiberg­esellschaf­t des von Billigflie­gern frequentie­rten und defizitäre­n rheinland-pfälzische­n Regionalfl­ughafens Hahn für einen symbolisch­en Preis von einem Euro an die Landesregi­erung.

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