Aufbauhelfer oder Heuschrecke?
Nicht nur Fraport beteiligt sich im Ausland gern als »Rosinenpicker« – nicht immer gewerkschafts- und beschäftigtenfreundlich
Dass deutsche Konzerne ihr Geschäftsgebaren global ausrichten, ist nichts Neues. Auch der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport AG stellt keine Ausnahme dar.
»Unser Airport-Know-How ist weltweit gefragt – Fraport ist an elf Flughäfen aktiv«, heißt es in Konzernpublikationen, die die Übernahme von Airports in Europa, Asien, Afrika und Lateinamerika als Ausdruck selbstloser Aufbauhilfe für unterentwickelte Länder darzustellen versuchen. Neuester Akt im Expansionskurs ist die anstehende Übernahme von 14 griechischen Regionalflughäfen per Betreiberkonzession über 40 Jahre. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hatte sich im Juli bei der EUKommission persönlich dafür eingesetzt. Nachdem der Athener Regie- rungschef Alexis Tsipras unter Druck aus Brüssel und Berlin seinen Widerstand aufgab, dürfte der Fraport-Deal ebenso wie andere griechische Privatisierungen besiegelt sein.
Gegen den Ausverkauf protestierten vor dem hessischen Landtag Aktivisten des Griechenland-Solidaritätskomitees Frankfurt/Rhein-Main. »Das macht Griechenland zum Protektorat und Fraport endgültig zur international agierenden Heuschrecke«, sagte Ex-DGB-Landeschef Dieter Hooge. Fraport betreibe Rosinenpickerei und überlasse defizitäre, aber für kleinere Inseln notwendige Flughäfen der öffentlichen Hand. Er erinnerte daran, dass Frankfurt und Hessen eine Mehrheit der Fraport-Aktien hielten und damit Einfluss im Konzern ausüben könnten. So säßen namhafte Vertreter von CDU, Grünen und SPD im Aufsichtsrat und könnten zusammen mit den Arbeitnehmervertretern den Renditedruck privater Investoren abwehren. Doch Fraport sei »ein rein kapitalistisches Unternehmen, das rabiat vorgeht«, bemängelt Hooge. Dafür sprächen auch Meldungen aus vergangenen Jahren über Bestechungsversuche durch das Konzernmanagement im Zusammenhang mit Ausbauplänen für Flughäfen in Usbekistan und auf den Philippinen.
Dass solche Kritik bei CDU, Grünen, SPD und FDP auf taube Ohren stößt, erfuhr die Linksfraktion wenig später im Landtag. Sie hatte den Fraport-Deal in einer aktuellen Stunde thematisiert. »Fraport beteiligt sich an der Ausplünderung Griechenlands, die Gewinne fließen nach Deutschland und Hessen«, so Fraktionschefin Janine Wissler. Fraport helfe den Griechen bei der Modernisierung einer »desolaten und maroden Infrastruktur«, entgegneten Redner des Vier-Parteien-Blocks. Angesichts des überdimensionierten nordhessischen Flughafens Kassel-Calden und der Unfähigkeit, einen Berliner Hauptstadtflughafen zu bauen, sei es »peinlich und arrogant«, wenn sich deutsche Flughafenbetreiber als Entwicklungshelfer und Lehrmeister aufspielten, konterte Wissler. Fraport sei als Investor »besser als ein Betreiber aus Asien, bei dem das Arbeitsrecht keine Rolle spielt«, meinte hingegen Uwe Frankenberger (SPD).
Gewerkschafter können aber ein Lied davon singen, dass auch für teilprivatisierte deutsche Konzerne mitunter »das Arbeitsrecht keine Rolle spielt«. So prangert die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di einen Konfrontationskurs der Weltkonzerne Deutsche Telekom und Deutsche Post DHL gegen Beschäftigte und ihre Organisationen in Übersee an. In beiden Konzernen ist der Bund größter Anteilseigner. Bei der Telekom-Tochter T-Mobile USA betreibe das Management »brutalen Psychoterror« und scheue im Streben nach einem »gewerkschaftsfreien Betrieb« weder Kosten noch Mühen. Beim türkischen DHL-Ableger betreibe der Konzern die fristlose Kündigung aktiver Gewerkschafter und den Aufbau einer firmen- und regierungsnahen Scheingewerkschaft, so ver.di. Ähnliche Klagen kommen aus DHL-Betrieben in Kolumbien, Panama, Südafrika, Malaysia, Indonesien und Indien.
Auf der Suche nach einem Nachweis für Rosinenpickerei durch Fraport müssten hessische Politiker nicht einmal in die Ferne schweifen. So übergab der Konzern 2009 seinen 65prozentigen Anteil an der Betreibergesellschaft des von Billigfliegern frequentierten und defizitären rheinland-pfälzischen Regionalflughafens Hahn für einen symbolischen Preis von einem Euro an die Landesregierung.