Unwissenheit schützt Manager vor Strafe nicht
Wolfsburg. Der VW-Konzern sucht nach den Verantwortlichen für den Abgasskandal. Eine wichtige Rolle spielt dabei die sogenannte D&O-Versicherung, die Manager bei Verfehlungen und Versäumnissen vor Regressforderungen ihrer Arbeitgeber schützen soll. Vorstände und Aufsichtsräte haften dafür, was in ihrer Verantwortung geschieht. Viele Unternehmen sichern ihre Spitzenkräfte daher mit einer Directors- and Officers-Versicherung ab. Sonst müssten die Manager Schadenersatzforderungen aus dem Privatvermögen begleichen.
Summen, wie sie im aktuellen VW-Skandal im Raum stehen, könnten aber selbst Spitzenmanager nicht bezahlen. Der wirtschaftliche Schaden soll sich nach Konzernangaben derzeit auf 6,5 Milliarden Euro belaufen. Zudem droht dem Autobauer in den USA ein Bußgeld von bis zu 18 Milliarden US-Dollar. Auch Versicherer teilen sich die Last: Bei VW sind unter anderem die Allianz und laut »Börsen-Zeitung« der Schweizer Versicherer Zurich im Boot.
Die Manager-Haftpflichtversicherung steht für Vermögensschäden gerade, die Vorstände oder Aufsichtsräte durch Fehler im Unternehmen anrichten. Dies können Kosten sein, die dem Unternehmen direkt ent- stehen – etwa Schadenersatzzahlungen an geschädigte Kunden. Oder ein Imageschaden, der in Zukunft auf Umsatz und Gewinn drückt. Selbst Bußgelder seien in guten Policen mit versichert, sagt D&O-Makler Michael Hendricks aus Düsseldorf. In bestehenden Versicherungen seien diese aber oft ausgeklammert, sagt Marcel Roeder, der Chef der D&O-Versicherung des Maklers Aon in Hamburg. Die Verlagerung von Bußgeldern auf Manager oder deren Versicherung sei auch haftungsrechtlich umstritten, da die Strafe dann ihre Wirkung verfehle. Auch für wissentlich verursachte Verstöße steht die Versicherung nicht gerade.
Zudem liegen die Deckungssummen laut Roeder selbst bei DAX-Konzernen häufig nicht höher als 350 bis 400 Millionen Euro. Hendricks hält bei VW 500 Millionen Euro für möglich, der Konzern äußert sich nicht dazu. Allerdings wäre selbst das nur ein »Tropfen auf den heißen Stein«, sagt Hendricks. Auch gingen davon Kosten für die Anwälte der Manager ab, gegen die VW Regress anmeldet. Für die Begleichung des Schadens bleibe so noch weniger übrig.
Unwissenheit schützt Manager grundsätzlich nicht davor, haftbar gemacht zu werden: »Der Vorstand muss in Deutschland nachweisen, dass er pflichtge- mäß und nicht schuldhaft gehandelt hat«, sagt Roeder. Ex-VW-Vorstandschef Martin Winterkorn beteuert, von Manipulationen nichts gewusst zu haben. Allerdings müssten Vorstände ihr Unternehmen so organisieren, dass gravierende Fehler nicht passieren oder zumindest rechtzeitig nach oben gemeldet werden. Aufsichtsräte müssen wiederum den Vorstand kontrollieren. Jeder Verstoß des Vorstands könne zu einem D&O-Fall für den Aufsichtsrat werden, wenn dieser nicht ausreichend nachgehakt habe, so Hendricks.
Eine versicherungsrechtliche Klärung allerdings könne Jahre dauern, so Hendricks. Die Versicherer drängten meist auf einen Vergleich, Unternehmen und Manager wollten den Fall ebenfalls vom Tisch haben. »Interessant wird die nächste Hauptversammlung, wenn die Aktionäre Fragen stellen.« Hendricks erwartet, dass die Versicherer den Schaden nicht in Höhe der kompletten Deckungssumme übernehmen. Zudem müssten die Manager laut Aktiengesetz ein Zehntel aus eigener Tasche bezahlen, ergänzt Roeder. Beim Anderthalbfachen des jährlichen Fixgehalts sei aber Schluss. Auf dem Großteil des Schadens dürfte VW daher sitzen bleiben.