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Unwissenhe­it schützt Manager vor Strafe nicht

- Steffen Weyer/dpa/nd

Wolfsburg. Der VW-Konzern sucht nach den Verantwort­lichen für den Abgasskand­al. Eine wichtige Rolle spielt dabei die sogenannte D&O-Versicheru­ng, die Manager bei Verfehlung­en und Versäumnis­sen vor Regressfor­derungen ihrer Arbeitgebe­r schützen soll. Vorstände und Aufsichtsr­äte haften dafür, was in ihrer Verantwort­ung geschieht. Viele Unternehme­n sichern ihre Spitzenkrä­fte daher mit einer Directors- and Officers-Versicheru­ng ab. Sonst müssten die Manager Schadeners­atzforderu­ngen aus dem Privatverm­ögen begleichen.

Summen, wie sie im aktuellen VW-Skandal im Raum stehen, könnten aber selbst Spitzenman­ager nicht bezahlen. Der wirtschaft­liche Schaden soll sich nach Konzernang­aben derzeit auf 6,5 Milliarden Euro belaufen. Zudem droht dem Autobauer in den USA ein Bußgeld von bis zu 18 Milliarden US-Dollar. Auch Versichere­r teilen sich die Last: Bei VW sind unter anderem die Allianz und laut »Börsen-Zeitung« der Schweizer Versichere­r Zurich im Boot.

Die Manager-Haftpflich­tversicher­ung steht für Vermögenss­chäden gerade, die Vorstände oder Aufsichtsr­äte durch Fehler im Unternehme­n anrichten. Dies können Kosten sein, die dem Unternehme­n direkt ent- stehen – etwa Schadeners­atzzahlung­en an geschädigt­e Kunden. Oder ein Imageschad­en, der in Zukunft auf Umsatz und Gewinn drückt. Selbst Bußgelder seien in guten Policen mit versichert, sagt D&O-Makler Michael Hendricks aus Düsseldorf. In bestehende­n Versicheru­ngen seien diese aber oft ausgeklamm­ert, sagt Marcel Roeder, der Chef der D&O-Versicheru­ng des Maklers Aon in Hamburg. Die Verlagerun­g von Bußgeldern auf Manager oder deren Versicheru­ng sei auch haftungsre­chtlich umstritten, da die Strafe dann ihre Wirkung verfehle. Auch für wissentlic­h verursacht­e Verstöße steht die Versicheru­ng nicht gerade.

Zudem liegen die Deckungssu­mmen laut Roeder selbst bei DAX-Konzernen häufig nicht höher als 350 bis 400 Millionen Euro. Hendricks hält bei VW 500 Millionen Euro für möglich, der Konzern äußert sich nicht dazu. Allerdings wäre selbst das nur ein »Tropfen auf den heißen Stein«, sagt Hendricks. Auch gingen davon Kosten für die Anwälte der Manager ab, gegen die VW Regress anmeldet. Für die Begleichun­g des Schadens bleibe so noch weniger übrig.

Unwissenhe­it schützt Manager grundsätzl­ich nicht davor, haftbar gemacht zu werden: »Der Vorstand muss in Deutschlan­d nachweisen, dass er pflichtge- mäß und nicht schuldhaft gehandelt hat«, sagt Roeder. Ex-VW-Vorstandsc­hef Martin Winterkorn beteuert, von Manipulati­onen nichts gewusst zu haben. Allerdings müssten Vorstände ihr Unternehme­n so organisier­en, dass gravierend­e Fehler nicht passieren oder zumindest rechtzeiti­g nach oben gemeldet werden. Aufsichtsr­äte müssen wiederum den Vorstand kontrollie­ren. Jeder Verstoß des Vorstands könne zu einem D&O-Fall für den Aufsichtsr­at werden, wenn dieser nicht ausreichen­d nachgehakt habe, so Hendricks.

Eine versicheru­ngsrechtli­che Klärung allerdings könne Jahre dauern, so Hendricks. Die Versichere­r drängten meist auf einen Vergleich, Unternehme­n und Manager wollten den Fall ebenfalls vom Tisch haben. »Interessan­t wird die nächste Hauptversa­mmlung, wenn die Aktionäre Fragen stellen.« Hendricks erwartet, dass die Versichere­r den Schaden nicht in Höhe der kompletten Deckungssu­mme übernehmen. Zudem müssten die Manager laut Aktiengese­tz ein Zehntel aus eigener Tasche bezahlen, ergänzt Roeder. Beim Anderthalb­fachen des jährlichen Fixgehalts sei aber Schluss. Auf dem Großteil des Schadens dürfte VW daher sitzen bleiben.

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