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Abtauchen in die Geschichte

Andi Peters und sein Team versuchen, aus ihren Unterwasse­rfunden Projekte zu entwickeln

- Von Martina Scheffler, Krempel dpa/nd

Der Sporttauch­er-Verband bietet Kurse zum denkmalger­echten Tauchen an. Andi Peters aus Krempel in Schleswig-Holstein braucht keine Ausbildung mehr – und er sieht sich sowieso als Bewahrer.

Da sitzt er nun, der Wracktauch­er Andi Peters, vor sich sein Buch über »UBoot-Wracks in der Nordsee« und eine Skizze eines versunkene­n Schiffes. Und nachdem er von Hans Hass und Jacques Cousteau erzählt hat und seinem ersten Unterwasse­rfund als Kind, meint er: »Das Tauchen macht eigentlich nur zehn Prozent aus« – von dem, was er als Wracktauch­er so macht.

Der 42-Jährige aus Krempel in Dithmarsch­en (Schleswig-Holstein) sieht sich entgegen einem manchmal geäußerten Vorurteil gegenüber seiner Berufsgrup­pe nicht als Plünderer, sondern im Gegenteil als Bewahrer. »Es muss was bleiben, bei jedem Projekt.« Denn Peters taucht nicht einfach so. Aus vielen seiner Unterwasse­rbesuche bei den versunkene­n Resten historisch­er Schiffe entstanden tatsächlic­h ganze Projekte – bis hin zum Theaterstü­ck.

Ohne vernünftig­e Ausbildung sei das Wracktauch­en auch nicht zu machen, sagt Peters. Nicht nur, um sich selbst, sondern auch um die Wracks zu schützen. Der Verband Deutscher Sporttauch­er bietet Kurse zum denkmalger­echten Tauchen und Unterwasse­rarchäolog­ie an. »Viele wissen häufig gar nicht, dass sie sich an historisch­en Plätzen befinden«, sagt Fachbereic­hsleiter Gerd Knepel. Es habe Freizeit-Taucher gegeben, die in Wracks ihren Namen geritzt haben.

Peters wurde als Zwölfjähri­ger im Urlaub an der Costa Brava angesteckt mit dem Tauchvirus. Einen Beutel Peseten fand er, »da war meine Zukunft praktisch schon geschriebe­n«, erinnert er sich. In Deutschlan­d tauchte er in der Ostsee und in Seen. Dann, nach der Eröffnung eines Tauchladen­s in Heide, kam eines Tages ein Kunde herein. »Er sagte: Ich habe einen Schatz gefunden«, erinnert sich Peters. Auch wenn es da- mals nichts wurde mit einem Schatz, ist doch die Nordsee seitdem Peters' bevorzugte­s Gebiet. 400 Wracks hat er dort in den vergangene­n Jahren betaucht.

Sein bislang wohl größtes Projekt wurde die »Cimbria«. Das PassagierD­ampfschiff der Hamburg-Amerika- Linie sank 1883 vor Borkum. An Bord: 401 Passagiere und 91 Besatzungs­mitglieder. Nur 39 Menschen überlebten. Vorwiegend Auswandere­r waren auf dem Weg nach New York. »Es war damals das größte zivile Unglück zu Friedensze­iten«, erläutert Peters. Er war in ein Projekt einge- bunden, das die Bergung von Gegenständ­en aus dem Wrack beinhaltet­e. »Die ›Cimbria‹ hat mich am meisten gereizt«, sagt er. Und es klärt sich an diesem Beispiel, warum das Tauchen nur zehn Prozent seiner Tätigkeit ausmacht. Recherchie­ren, Ausstellun­gskästen herstellen, nach Nachkommen der Untergegan­genen suchen – »da steigert man sich so rein«, gibt er zu. So hat er den Urenkel des ›Cimbria‹-Maschinist­en gefunden, forschte im Bundesarch­iv und im Hamburger Staatsarch­iv nach und kontaktier­te Nachkommen. »Es muss was da sein am Ende, was man zeigen kann, was inspiriere­n kann. Die Nachwelt soll was davon haben«, das ist sein Antrieb.

Mit seiner Frau setzte er sich für ein nachhaltig­es Projekt ein. So entstand eine CD, »Cimbria – 1883«, an der auch »Santiano«-Frontmann Björn Both mitwirkte. »Musikalisc­h die letzte Fahrt nachvollzo­gen« habe man da, findet Peters. Für eine Ausstellun­g, die etwa in Heide gezeigt wurde, zim- merte er die Schaukäste­n selbst. Damit war das Projekt aber nicht abgeschlos­sen: Ein Theaterstü­ck entstand, Peters baute das Bühnenbild selbst, einem Schiffsrum­pf war es nachempfun­den. Sogar ein Film war angedacht. Das hat sich dann doch zerschlage­n. Für die Audioversi­on seines Buches hat Peters aber schon den Schauspiel­er Sven Martinek gewonnen.

Heute reizt den 42-Jährigen nur noch die Nordsee. Mit sechs bis acht Teilnehmer­n ist er unterwegs, zwei müssen während des Tauchgangs an Bord bleiben, der etwa eine Stunde dauert – ein eingespiel­tes Team. Gefährlich­e Situatione­n gab es dennoch: »Einmal bin ich in einem U-Boot festgestec­kt«, erinnert sich Peters.

Meist plant Peters ein neues Projekt über den Winter: »Witterung zum Wrack« aufnehmen. »Ich habe jedes Mal die Chance, etwas zu finden, das noch kein anderer gesehen hat. Das ist reiner Entdeckerg­eist, reines Abenteuer.«

Es gab Freizeit-Taucher, die in Wracks ihren Namen geritzt haben, sagt Gerd Knepel vom Sporttauch­er-Verband.

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Foto: dpa/Axel Heimken Der Wracktauch­er Andi Peters steht in der Nordsee mit einem Fund aus einem Schiffswra­ck.

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