nd.DerTag

Bis man auf der Straße landet

Rasante Steigerung: 335 000 in Deutschlan­d ohne Wohnung, 39 000 ohne Obdach

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Berlin. Noch ein Jubiläum im Jahr 2015: Vor 20 Jahren bekannte sich der Deutsche Bundestag dazu, das Los von Menschen ohne Wohnung als gesamtgese­llschaftli­che Herausford­erung zu betrachten. Und zumindest damit zu beginnen, über Wohnungslo­sigkeit statistisc­h Buch zu führen. Bis heute ist allerdings kaum etwas in dieser Richtung geschehen; einzig das Land Nordrhein-Westfalen erhebt eine entspreche­nde Statistik.

Auf deren Basis schätzt die Bundesarbe­itsgemeins­chaft Wohnungslo­senhilfe e.V. (BAGW) regelmäßig ab, wie sich die Lage entwickelt hat. Am Montag präsentier­te der ge- meinnützig­e Verein nun seine neuesten Zahlen – die eine dramatisch­e Zuspitzung der Lage andeuten: 335 000 Menschen in der reichen Bundesrepu­blik waren 2014 ohne Wohnung, das sind 18 Prozent mehr als noch 2012. Noch schneller als die Gesamtzahl der Betroffene­n steigt dabei die Anzahl derjenigen, die durch alle Auffangsys­teme fallen und tatsächlic­h auf der Straße landen: Der Schätzung zufolge waren dies 2014 etwa 39 000 Menschen; noch 2012 ging die BAGW von etwa 26 000 aus – eine Steigerung von 50 Prozent.

Als Gründe für die steigenden Zahlen nennt die BAGW vor allem eine verfehlte Woh- nungsbaupo­litik. Seit 2002 sei etwa eine Million Sozialwohn­ungen verloren gegangen. Die Übertragun­g des sozialen Wohnungsba­us an die Länder im Zuge der Föderalism­usreform von 2006 habe sich als Fehler erwiesen. Weil infolgedes­sen der Wohnungsma­rkt immer enger wird, entsteht in den Notunterkü­nften ein Rückstau, sodass immer mehr Menschen buchstäbli­ch unter Brücken schlafen und im Winter Angst vor dem Erfrieren haben müssen. Der Bund, fordert die BAGW, müsse sich viel stärker engagieren – und zumindest schnell für die lange versproche­ne statistisc­he Bestandsau­fnahme sorgen.

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Foto: dpa/Stefan Rampfel

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