Linke Mehrheit in Portugal
Konservative wollen weiterregieren
Lissabon. Das frühere Euro-Krisenland Portugal steht nach der Parlamentswahl vor einer schwierigen Regierungsbildung. Das konservative Lissabonner Regierungsbündnis mit seiner strengen Sparpolitik ist nach der Richtungswahl in Bedrängnis geraten. Die Zwei-Parteien-Allianz »Portugal à Frente« (PàF/Portugal voran) von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho ging zwar aus der Abstimmung am Sonntag erneut als stärkste Kraft hervor – sie verlor aber die absolute Mehrheit im Parlament. Passos strebt dennoch eine neue Regierung an.
Die drei linken Oppositionsparteien, die die Sanierungspolitik beenden wollen, gewannen gemeinsam mehr als die Hälfte aller Sitze in der »Assembleia da República«. Aus ihrer Sicht haben die Wähler für einen Regierungs- und Politikwechsel gestimmt. Doch sagten die Führer der Oppositionsparteien zur Möglichkeit einer linken Regierungskoalition am Montag vorerst noch nichts Konkretes. Präsident Anibal Cavaco Silva muss nun eine Fraktion mit der Regierungsbildung beauftragen.
Madrids Ministerpräsident Rajoy und die Opposition im Lande dürften die Vorgänge in Portugal mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgen. Nicht nur, weil es um das iberische Nachbarland geht, sondern auch, weil die Wähler dort für eine Konstellation gesorgt haben, die sich im Dezember gut und gerne in Spanien wiederholen könnte: Das konservative Regierungsbündnis wurde für eine harte Sparpolitik abgestraft, verlor seine absolute Mehrheit im Parlament und links davon böte sich nun die Chance für eine mehrheitsfähige alternative Koalition, selbst ohne die Sogwirkung einer Kraft wie SYRIZA. Hier wie da sind die zweitstärksten Parteien mit dem »Sozialistisch« im Namen allerdings in etwa so links wie die hiesige Sozialdemokratie, 1973 unweit von Bonn übrigens Geburtshelfer der portugiesischen Partido Socialista (PS). Die wollte jetzt die Nr. 1 werden, verfehlte ihr Wahlziel jedoch klar, weil sie sich inhaltlich nicht deutlich genug von den troikadiktierten, korruptionsanfälligen Austeritätsparteien abheben konnte. Die Schatten sind also lang, über die alle springen müssten, ob »Sozialisten« oder der wiedererstarkte Linksblock und Kommunisten, die ihren Wahlkampf dezidiert auch gegen die PS geführt haben. Aber es könnte einen gemeinsamen Nenner geben – endlich die unsoziale Sanierungspolitik zu beenden.