nd.DerTag

Neue Mannschaft gesucht

- Simon Poelchau über kurz- und langfristi­ge Wirtschaft­sausblicke

Konjunktur­nachrichte­n hören sich häufig so an, als ob die Wirtschaft etwas Abstraktes sei. So könnte man bei einem wie am Montag von Forschern prognostiz­ierten Wachstum des Bruttoinla­ndsprodukt­es von zwei Prozent verleitet sein, zu titeln: »Die Wirtschaft ist weiterhin auf gutem Kurs.«

Dabei ist die Wirtschaft kein Geistersch­iff ohne Mannschaft, wie es solche Bilder suggeriere­n. Zwar hängt der Kurs mitunter auch davon ab, ob auf den Meeren der Weltkonjun­ktur stürmische Zeiten herrschen oder eher Flaute. Doch meist ist das Zusammensp­iel der gesamten Mannschaft für das Weiterkomm­en verantwort­lich. Läuft es gut, dann profitiere­n die einen mal mehr, die anderen mal weniger. Hierzuland­e profitiere­n aber derzeit fast alle von der guten Wirtschaft­slage: Die Unternehme­n machen kräftige Gewinne, der Staat kann sich über mehr Steuereinn­ahmen und die Angestellt­en können sich über höhere Löhne freuen. Warum also nicht Menschen mit ins Boot holen, die vor Bürgerkrie­g und anderer Not fliehen mussten? Langfristi­g ist dies für alle gut. Ohne verstärkte Einwanderu­ng wird es nämlich auf Grund des demografis­chen Wandels unweigerli­ch zu einem Schiffbruc­h bei den Sozialsyst­emen kommen.

Entgegen etwaiger Stammtisch­parolen ist das Boot also nicht voll, sondern sucht eine neue Mannschaft. Die alte wird nämlich langsam zu alt.

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