10 000 Quadratmeter illegal gebaut
Bauskandal in Bremen-Nord wird untersucht
Es hat schon bessere Zeiten gesehen, das im Bremer Norden gelegene Vegesack, in dem gut 30 000 Menschen leben – und das nun von einem in Bremen nie gekannten Bauskandal erschüttert wird.
Vor 400 Jahren als künstlicher Hafen angelegt, entwickelte sich Vegesack einst zur Wal- und Fischfanghochburg Europas, anschließend zu einem leistungsstarken Werft- und Maschinenbau-Standort. Mit der Insolvenz der Bremer Vulkan AG vor 18 Jahren gingen rund 3000 Arbeitsplätze verloren. Es blieben ein paar kleinere Werften und Fabriken mit einigen hundert Arbeitsplätzen.
Die Pleite der Vulkan AG zog zähe und langwierige Gerichtsverfahren nach sich, die Verantwortlichen aus Wirtschaft und Politik wuschen ihre Hände in Unschuld. Heute beschäftigt die Insolvenz des Vegesacker Einkaufszentrums »Haven Höövt«, das vor zwölf Jahren eröffnet wurde, Politik und Öffentlichkeit in Bremen.
Zunächst hat der aktuelle grüne Bausenator Joachim Lohse die beim Senator für Inneres angesiedelte Zentrale Antikorruptionsstelle eingeschaltet und die Absicht erklärt, den Fall auch der Bremer Staatsanwaltschaft vorzulegen. Dabei geht es um die Tatsache, dass fast doppelt so viele Flächen innerhalb des Zentrums vom Einzelhandel genutzt wurden, als der Bebauungsplan zuließ. Mit anderen Worten: Mehr als 10 000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche des Einkaufsquartiers am alten Vegesacker Hafen sind illegal entstanden.
Es liegt auf der Hand: Solch eine groß angelegte Umgehung der Vorschriften kann nicht das Werk eines Einzelnen sein, denn es sind in die Umsetzung eines solchen Projekts immer viele Instanzen einbezogen, zum Beispiel der Ortsamtsbeirat sowie die Handelskammer und das Bauamt Bremen-Nord.
Der von der damaligen großen Koalition aus SPD und CDU gegen starke Widerstände vor Ort durchgesetzte Bau machte – wie erwartet – den Vegesacker City-Kaufleuten von Anfang an zu schaffen. Senator Lohse wies angesichts des hohen Leerstands und der Insolvenz des Shopping-Zentrums denn auch darauf hin, dass Obergrenzen für Einzelhandelsflächen eben ihren Sinn hätten. Inzwischen sind nicht nur viele Läden im »Haven Höövt« verwaist, sondern auch in den Einkaufsstraßen der Vegesacker City.
Dabei liegt das »Haven Höövt« außerhalb der City, ringsum gibt es kaum Wohnbebauung. Lediglich schräg gegenüber liegt die »Grohner Düne«, ein Quartier mit über 500 Wohnungen auf engstem Raum in Hochhäusern. Rund 1700 Menschen leben hier, von denen fast 90 Prozent einen Migrationshintergrund und kaum Geld haben.
Das »Haven Höövt« ist nicht das einzige Problem in Bremen-Nord, das vom früheren rot-schwarzen Senat unter Henning Scherf (SPD) und Josef Hattig (CDU) hinterlassen wurde. Die beiden Politiker haben Bremen unter anderem auch die private Jacobs University eingebrockt. Diese vor 14 Jahren gegründete Institution in Bremen-Nord erzielte keineswegs die beschworene Strahl- und Zugkraft für Vegesack, Bremen oder gar Deutschland, wie von der Großen Koalition vollmundig prophezeit wurde. Im Gegenteil: Die Privat-Universität brachte dem kleinsten und ärmsten Bundesland immer wieder unerwartete Kosten im zweistelligen Millionenbereich. Die sind nun das Problem der seit acht Jahren regierenden rot-grünen Koalition.