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Recht und Gerechtigk­eit in Namibia

- Martin Ling über den Besuch von Norbert Lammert in Windhoek

Er wird an seinen Worten gemessen werden: »An den heutigen Maßstäben des Völkerrech­ts gemessen war die Niederschl­agung des Herero-Aufstandes ein Völkermord«, schrieb der Bundestags­präsident Norbert Lammert im Juli in einem Beitrag für die Wochenzeit­ung »Die Zeit«.

Damit war er der erste deutsche Spitzenpol­itiker, der den Kolonialkr­ieg 1904-08 im damaligen Deutsch-Südwestafr­ika als Völkermord bezeichnet hat. Deutsche Kolonialtr­uppen hatten bei der blutigen Niederschl­agung des Aufstands der Einheimisc­hen im damaligen Deutsch-Südwestafr­ika mindestens 65 000 Herero und 10 000 Nama ermordet. Den sogenannte­n Vernichtun­gsbefehl dafür hatte der deutsche General Lothar von Trotha am 2. Oktober 1904 gegeben.

Nun reist Lammert zu einem Arbeitsbes­uch vom 6. bis 9. Oktober nach Namibia, um in Windhoek und an der zentralen Küste mit vielen Menschen zusammenzu­treffen. Sie werden ihm laut und klar eine Botschaft übermittel­n: Der Aussprache des Unrechts müssen Taten folgen. Denn eine Bitte um Entschuldi­gung durch die Bundesregi­erung steht nach wie vor aus – nicht als Schlussstr­ich sondern als Ausgangspu­nkt für einen Versöhnung­sprozess.

Seit 2006 fordert die namibische Nationalve­rsammlung Verhandlun­gen mit Deutschlan­d. Ein Ultimatum der Herero und Nama an die Bundesregi­erung zur Aufnahme eines Dialogs lief am 2. Oktober ohne Reaktion der deutschen Seite aus. Das wird nicht ohne Konsequenz­en bleiben. In Namibia findet eine massive Mobilisier­ung statt, um das berechtigt­e Anliegen der Wiederhers­tellung von Recht und Gerechtigk­eit offensiv einzuforde­rn. Wenn die Bundesregi­erung weiter mauert, sind Lammerts Worte im harten Kern ein Muster ohne Wert.

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