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Man muss für das Schlimmste gerüstet sein

Vor allen die Fischer und Bauern zittern in Peru vor dem Wetterphän­omen El Niño

- Von Regine Reibling, Quito

Das Wetterphän­omen El Niño dürfte dieses Jahr besonders heftig ausfallen, erwarten Klimaexper­ten. Peru rief in 14 Regionen vorsorglic­h der Notstand aus.

Luis Alberto Ruiz schaut mit melancholi­schem Blick auf das Ufer des Flusses Chira. »Hier war mein Feld«, berichtet der 52-Jährige der Zeitung »La República«. Mit seiner Familie bewirtscha­ftete der peruanisch­e Kleinbauer rund zwei Hektar, pflanzte Mais und Reis – bis Anfang 1998 das Wetterphän­omen El Niño zuschlug. Wochenlang­e Regenfälle vernichtet­en die Ernte und ließen den Fluss anschwelle­n. Die Wassermass­en spülten das Land dann ganz weg. Ein Hektar Fläche ist Ruiz geblieben, auf dem er heute Bananen anbaut. Nun fürchtet er, dass El Niño wiederkomm­t. Für ihn und rund 8000 Bananenbau­ern im Valle del Chira in der Region Piura steht die Existenz auf dem Spiel.

Laut Klimaexper­ten droht noch in diesem Jahr Ungemach. Der USAWetterd­ienst NOAA beziffert die Wahrschein­lichkeit eines El Niño-Ereignisse­s mit 95 Prozent. Das Internatio­nale El Niño-Forschungs­zentrum spricht von einer Reifephase des Wetterphän­omens. El Niño werde stetig stärker. NASA-Forscher Bill Patzert sprach von einem möglichen Godzilla-El-Niño. Die Temperatur im Pazifik hat sich deutlich erhöht, Teile des Meeres waren bis sechs Grad Celsius wärmer als normal. Statt den üblichen Passatwind­en hat die Windrich- tung auf West gedreht und drückt das warme Pazifikwas­ser von Asien an Südamerika­s Küste.

Perus Regierung will gravierend­e Schäden wie bei El Niño 1997/1998 verhindern. In 14 Regionen wurde Anfang September vorsorglic­h der Notstand ausgerufen. Eine Milliarde Dollar wurden für mögliche Schäden zurückgele­gt. Vorsorgema­ßnahmen seien zu 90 Prozent abgeschlos­sen, so Landwirtsc­haftsminis­ter Juan Benites Mitte September. »Peru ist besser vorbereite­t als in den Jahren zuvor.«

Vor möglichen Epidemien wie Dengue oder Gelbfieber warnte das Gesundheit­sministeri­um. 284 Tonnen Medikament­e, u. a. gegen Durchfall, Atemwegser­krankungen, Hautinfekt­ionen, Dengue und Malaria, seien verteilt worden. Eng arbeiten die Behörden zudem mit dem Nachbarlan­d Ecuador zusammen. Gemeinsame Katastroph­enübungen sind in Planung.

Im November, so Prognosen, könnten die ersten Regenfälle an der Nordküste beginnen. Im Süden werden hingegen Trockenhei­t und Dürre erwartet. Experten gehen davon aus, dass El Niño bis April 2016 anhält.

El Niño 1997/1998 hatte eine verheerend­e Wirkung, vor allem in Peru. Es gab 500 000 Geschädigt­e, 135 000 Häuser wurden zerstört. Die Schäden summierten sich auf 3,5 Milliarden Dollar. Die Wirtschaft stürzte 1998 ab in eine Rezession. Auch heute gelten Landwirtsc­haft und Fischerei als gefährdets­te Wirtschaft­ssektoren.

In den Regionen werden konkrete Vorbereitu­ngen getroffen. Die Provinzreg­ierung von Piura lässt die Flüsse Piura und Chira ausbaggern und Uferbefest­igungen bauen. Man muss für das Schlimmste gerüstet sein, sind sich die Kleinbauer­n einig. Luis Alberto Ruiz hofft aber, dass es erst gar nicht so weit kommt.

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