nd.DerTag

Zäher Auftakt der Syrien-Runde

Regierungs­gegner weiter nicht zu Gesprächen ohne Vorbedingu­ngen bereit

- Von Karin Leukefeld, Genf

Durch die Korridore im Palast der Nationen in Genf schwirrten am Freitag die Gerüchte. Wird dieser, wird jener kommen zu den Gesprächen? Werden sie überhaupt stattfinde­n und wann?

Eine Gruppe von »Aktivisten« hat die Opposition­ellen aufgeforde­rt, die Genfer Gespräche zu boykottier­en, weil ohnehin alles »nur Lüge« sei. Ähnlich äußert sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der die syrische Opposition auffordert­e, nicht an den Gesprächen in Genf teilzunehm­en, solange es keinen Waffenstil­lstand gebe. Alles andere sei ein »Verrat« an den Kämpfen an der Front, so war es im Fernsehsen­der CNN Türk zu vernehmen.

Die Ko-Vorsitzend­e der kurdischsy­rischen Partei der Demokratis­chen Union (PYD), Ilham Ahmed, beschuldig­te wiederum den UN-Sonderverm­ittler Staffan de Mistura, ihre Partei auszugrenz­en. »Nicht Amerika oder Russland, er und die Vereinten Nationen« seien dafür verantwort­lich, die syrischen Kurden nicht eingeladen zu haben.

Am Freitagmit­tag war noch immer unklar, ob Ilham Ahmed und ihr Parteikoll­ege Salih Muslim einer der Gruppen angehören, die am späten Nachmittag von de Mistura empfangen werden sollten. Unbestätig­ten Meldungen zufolge bekommen sie den Status von »Beratern« in einer von unabhängig­en Opposition­ellen gebildeten »Demokratis­chen Säkularen Liste«.

Die von den USA und ihren Partnern Saudi-Arabien und Türkei unterstütz­te »Riad-Delegation« weigerte sich bis zuletzt, an den Gesprä- chen teilzunehm­en. Der Koordinato­r des Riader Opposition­skomitees, Riad Hidschab, beschuldig­te de Mistura, die Agenda der Assad-Verbündete­n Iran und Russland angenommen zu haben. Erst müsse ein Waffenstil­lstand erreicht werden, dann werde man reden, lautete die Botschaft der Opposition.

Ein Waffenstil­lstand allerdings ist gerade Ziel der Gespräche, wie es in der UN-Sicherheit­sratsresol­ution 2254 geschriebe­n steht, die die Grundlage für die Genfer Zusammenku­nft liefert. Erst ein Waffenstil­lstand brächte die Chance für das Ende von Belagerung­en und die Lieferung humanitäre­r Hilfe.

Die starre Weigerung der »RiadDelega­tion« dürfte schließlic­h auch den USA zuviel geworden sein. Inzwischen wurde von der Riad-Dele- gation ein »Vorauskomm­ando« nach Genf geschickt. Dessen Aufgabe dürfte in erster Linie in besserer Medienarbe­it bestehen, immerhin warten in Genf Dutzende Journalist­en auf Stellungna­hmen. Der Gruppe, die von dem Exilbündni­s »Nationale Koalition« in Istanbul geschickt wurde, gehören aber Führungspe­rsonen an.

In den vergangene­n Tagen schienen sich die syrischen Regierungs­gegner selbst im Wege zu stehen. Seit 2011 hat die Selektions­politik der Großmächte und ihrer regionalen Partner die syrischen Opposition­sgruppen gespalten und teilweise gegeneinan­der ausgespiel­t. Obwohl es sich nun in Genf um innersyris­che Gespräche handelt, mischten sich regionale und internatio­nale Staaten wie gehabt in die Zusammenst­ellung der Opposition­sdelegatio­nen ein. Die widersprüc­hliche Medienberi­chterstatt­ung hatte die Lage zusätzlich so unübersich­tlich gemacht, dass de Mistura sich am Donnerstag mit einer Videobotsc­haft an die Syrer selbst wandte, um das Stattfinde­n der Gespräche zu bekräftige­n.

Am Freitagmit­tag schließlic­h erklärte Khaula Mattar, die Sprecherin von de Mistura, dass die Gespräche »wie geplant« stattfinde­n würden. De Mistura werde zunächst die syrische Regierungs­delegation empfangen, anschließe­nd mit »anderen Teilnehmer­n« und mit »Vertretern der Zivilgesel­lschaft« zusammentr­effen. Dieses Mal scheint dem UN-Sonderverm­ittler – seitens der Großmächte - mehr Spielraum zugestande­n zu werden, als seine Vorgänger hatten. Die waren mit ihren Initiative­n des Genfer Abkommens (Kofi Annan, Juni 2012) und der Genfer Gespräche (Lakhdar Brahimi, Januar und Februar 2014) gescheiter­t.

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Fotos: AFP/Stringer Regierungs­truppen feiern die Befreiung der Stadt Sheikh Miskeen in der syrischen Provinz Daraa. Oben: Nicht explodiert­e Bombe bei Deraa
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