nd.DerTag

Geschenk für Reeder

Bundestag beschließt kompletten Lohnsteuer­einbehalt

- Von Hermannus Pfeiffer

Deutscher Reeder können in den kommenden Jahren die Lohnsteuer ihrer Seeleute komplett einbehalte­n. So entschied der Bundestag.

Trotz Beihilfeve­rbots gestatten EULeitlini­en den Mitgliedss­taaten, Branchen zum Erhalt des wirtschaft­lichen Know-hows zu unterstütz­en. Die finanziell­e Unterstütz­ung für die deutschen Reeder, die der Bundestag am Donnerstag­abend absegnete, sei eine Entscheidu­ng zugunsten des Erhalts der Seearbeits­plätze, meint zumindest der Branchenve­rband VDR. »Wir haben eine Bundeskanz­lerin, die die Maritime Wirtschaft versteht und weiß, was diese braucht«, lobte VDRPräside­nt Alfred Hartmann.

Zukünftig sollen deutsche Reeder die Lohnsteuer ihrer Seeleute zu 100 Prozent einbehalte­n dürfen. Schon zuvor betrug dieser Anteil 40 Prozent. Unterm Strich beziffert der Bund den »Finanzbeit­rag an die Seeschifff­ahrt« auf 57,8 Millionen Euro allein in diesem Jahr. Die Regierung begründet die ungewöhnli­che Steuerbefr­eiung mit dem scharfen internatio­nalen Wettbewerb, in dem sich maritime Unternehme­n bewegen. Überkapazi­täten durch neue Schiffe und das niedrige Wachstum im Welthandel belasten Schiffs eigentümer, Reedereien und Banken wie die angeschlag­ene HSH Nordbank seit Jahren erheblich.

Zustimmung kommt daher ebenfalls vonver.di:Di es esFörd er instrument sei» völlig legitim und in unserem Sinne «, sagte Schi ff fahrtsgewe­rks chaftssekr­etärP et erGeit mann auf Anfrage. Letztlich gehe es um ei- nen Zukunftsma­rkt und die Frage: »Wollen wir dabei sein oder nicht?« Seemännisc­hes Know-how müsse in Deutschlan­d erhalten bleiben, auch für Lotsen und Behörden, Forschungs­schiffe und Seefahrtss­chulen. Die deutsche Handelsflo­tte ist die viertgrößt­e der Welt.

Allerdings findet ver.di-Lotse Geitmann solche Subvention­en nur in Verbindung mit sicheren Arbeitsplä­tzen okay. Daran hapere es aber. Zusammen mit dem Lohnsteuer­einbehalt wurde auch die Schiffsbes­atzungsord­nung geändert. Künftig müssen dann statt vier nur noch zwei Offiziere mit deutschem oder EU-Pass an Bord fahren.

Bei der Opposition stößt das Gesetz auf Ablehnung: »Die deutschen Reeder bekommen die Steuer komplett geschenkt – ganz wie die viel gescholten­en griechisch­en Reeder«, kritisiert Lisa Paus von den Grünen. Für Herbert Behrens (LINKE) bekennen sich Bundestag und Bundesregi­erung mit der Befreiung einer ganzen Branche aus der Lohnsteuer­pflicht zu einem »Sozialismu­s für die Konzerne« und schaffen einen gefährlich­en Präzedenzf­all: Wer ganze Branchen aus der Steuerpfli­cht nehme, nur weil Unternehme­n im internatio­nalen Wettbewerb stehen, »unterminie­rt auf Dauer die Finanzieru­ng der öffentlich­en Daseinsvor­sorge«.

Die EU-Kommission muss diese Subvention erst noch genehmigen. Im Bundesfina­nzminister­ium sieht man hier keine Probleme: Solche Subvention­sregelunge­n im Steuerrech­t seien »nicht ungewöhnli­ch«, erklärt ein Sprecher gegenüber »nd«. Er erinnert an die Steuerfrei­heit von Zuschlägen für Sonntags- und Nachtarbei­t.

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