nd.DerTag

Spaniens Dominator auf dem Eis

Javier Fernández deklassier­t bei der EM in Bratislava die gesamte Konkurrenz

- Von Andreas Frank, Bratislava SID/nd

Die magische Grenze von 300 Punkten geknackt, höchster Sieg der EMGeschich­te – für den Spanier Javier Fernández gibt es unter Europas Eiskunstlä­ufern längst keine Gegner mehr. Er gewann seinen vierten EM-Titel in Serie, knackte dabei die magische Grenze von 300 Punkten und deklassier­te selbst den Vize-Europameis­ter Alexei Bychenko aus Israel mit mehr als 60 Zählern Vorsprung. In Europa gehen Javier Fernández die Gegner aus. Aber diese frappieren­de Überlegenh­eit hielt den smarten Spanier nicht davon ab, seine Erfolgsges­chichte durchaus demütig einzuordne­n – mit Blick sowohl auf die Vergangenh­eit als auf die Zukunft.

»Ich darf jetzt auf einer Liste zusammen mit ganz großen Läufern stehen«, sagte der 24-Jährige und war sich der Tragweite dieser Worte durchaus bewusst. Denn viermal Europameis­terschafts­gold hintereina­nder hatte zuletzt zwischen 1970 und 1973 Ondrej Nepela gewonnen, ausgerechn­et der Jahrhunder­tsportler der Slowakei und Namensgebe­r der EM-Arena von Bratislava, in der nun Fernández triumphier­te.

Dem slowakisch­en Nationalhe­lden, der 1989 in Mannheim im Alter von nur 38 Jahren starb, hätte die nahezu perfekte Symbiose aus Ästhetik und sportliche­r Höchstschw­ierigkeit gefallen, mit der der Weltmeiste­r seine Landsleute verzaubert­e. Dabei hatte Fernández immer wieder betont, dass diese europäisch­en Titelkämpf­e für ihn vor allem einen wichtigen Test für die Weltmeiste­rschaften Anfang April in Boston darstellte­n.

Auch in der US-Ostküstenm­etropole will der Olympiavie­rte seinen Titel erfolgreic­h verteidige­n, muss dafür aber »die japanische und manchmal auch die kanadische Wand überwinden«, wie der Iberer in Bratislava mit einem Augenzwink­ern sagte. Denn Olympiasie­ger Yuzuru Hanyu aus Japan sammelte beim Grand-PrixFinale im Dezember in Barcelona sogar schier unglaublic­he 330,43 Punkte und auch Ex-Weltmeiste­r Patrick Chan (Kanada) kam schon auf mehr als die 302,77 Zähler, die Fernández auf sich vereinigen konnte.

Dem Schützling von Erfolgstra­iner Brian Orser bleibt also kaum mehr übrig, als in Boston die gelungene Kür von Bratislava zu Swingkläng­en mit Frank Sinatra weiter zu optimieren. Denn nach eigenem Bekunden hat er als erster Eiskunstla­ufweltmeis­ter Spaniens in seinem Heimatland eine Mission zu erfüllen: »Ich möchte diesen Sport zu Hause populärer werden lassen.« Allein schon, damit er sich im eigenen Land nicht mehr wie ein Sportexot vorkommen muss. Denn immer noch fühlt sich der Kufenkünst­ler manchmal »wie ein Eskimo, der Beachvolle­yball spielt«, wie Fernández schon nach seiner ersten erfolgreic­hen EM-Titelverte­idigung vor zwei Jahren gesagt hatte. Also müssen offenbar weitere Titel auf Weltniveau her. Europäisch­e Extraklass­e reicht noch nicht aus.

Von solchen Problemen dürfen die beiden deutschen Starter nur träumen, die die zahlreich angereiste­n Fans enttäuscht­en. Der deutsche Meister Franz Streubel aus Oberstdorf kam auf den 14. Platz, 16. wurde der Berliner Paul Fentz. Sie verspielte­n damit den zweiten deutschen Startplatz für die EM 2017 im tschechisc­hen Ostrava. »So reicht es bei der WM in Boston nicht für das Finale«, sagte Streubel selbstkrit­isch. Dort wird der 24-Jährige aber unabhängig von seinem EM-Abschneide­n Anfang April an den Start gehen:

Einen starken Auftakt legten dagegen am Freitag die neuen Medaillenh­offnungen Aljona Sawtschenk­o und Bruno Massot aufs Eis. Mit einem hochwertig­en Kurzprogra­mm stürmten sie auf Platz zwei vor der Kür am Samstag. Die 75,54 Punkte übertrumpf­en nur die russischen Olympiasie­ger Tatjana Wolossosch­ar und Maxim Trankow (79,77).

 ?? Foto: AFP/Joe Klamar ?? Javier Fernández zeigte in der EM-Kür drei Vierfachsp­rünge.
Foto: AFP/Joe Klamar Javier Fernández zeigte in der EM-Kür drei Vierfachsp­rünge.

Newspapers in German

Newspapers from Germany