Nicht alle Helfer freuen sich
Am Sonntag lädt der Senat Flüchtlingshelfer ins Museum oder Theater ein
Mit dem Aktionstag will sich der Senat bei vielen freiwilligen Flüchtlingshelfern bedanken. Nicht alle freuen sich darüber.
Ehrenamtliche lehren die deutsche Sprache, sie betreuen Kinder, organisieren Sportprogramme. Viele Freiwillige übernehmen eine Art Patenschaft für einzelne Personen und Familien, begleiten diese beispielsweise bei Ämtergängen. Serhat Karakayali und Olaf Kleist, Autoren einer Studie des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) von 2015, bei der 460 Ehrenamtliche befragt wurden, kritisierten die zentrale Rolle, die Freiwillige bei Behördengängen spielen müssen. Ursache seien mangelnde Kenntnisse und Kooperationsbereitschaft von Sachbearbeitern. Behörden würden ihrer vielsprachigen und häufig traumatisierten Klientel nicht gerecht. Die Wissenschaftler empfehlen Sensibilisierungsprogramme für Amtsmitarbeiter. Außerdem solle nach australischem Vorbild ein bundesweiter staatlicher Übersetzungsdienst eingerichtet werden. Dann hätten Ehrenamtliche mehr Zeit für gute Kontakte mit Flüchtlingen.
Willkommensinitiativen, wie der Unterstützerkreis Rahnsdorf, wollen auf einer rein karitativen Ebene helfen. Er veranstaltet Kaffeenachmittage in der Flüchtlingsunterkunft, eine »Erzählküche« und eine vorbildliche Kleiderkammer. »Keine politischen Diskussionen zur Flüchtlings- gesetzgebung« innerhalb der Initiative, heißt es auf der Homepage. Und genau dies scheint das Erfolgsrezept des Unterstützerkreises mit 200 Helfern zu sein.
»Moabit hilft« gilt als eine der politischen Initiativen. Sie ist Sprachrohr für Geflüchtete, trägt politische Anliegen in die Öffentlichkeit, engagiert sich in entsprechenden Gremi- en. Angesichts des dauerhaft überlasteten Landesamts für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) haben die Helfer Unglaubliches geleistet. Sie versorgen unter anderem täglich vor der Behörde hunderte, teils tagelang anstehende Flüchtlinge, mit Essen. Die Helfer füllen Lücken, wo Unfähigkeit regiert, wo Politiker nicht die nötige Verantwortung übernehmen. Im Oktober warnte die Initiative vor einem Zusammenbruch des LAGeSO. Seitdem hat sich die Lage nur minimal verbessert.
»Angesichts des peinlichen Desasters, das hier in den letzten Monaten passiert ist, werden wir am Aktionstag des Senats nicht teilnehmen, auch nicht am Markt der Möglichkeiten im Roten Rathaus«, sagt Diana Henniges von »Moabit hilft!«. »Das soll wohl so eine Art Messe für Dienstleister werden. Dienstleister wollen wir aber nicht sein!«
Eine antirassistische Kochgruppe ist ebenfalls aktiv vor dem LAGeSO: Deutsche, andere Europäer und freiwillige Helfer, die selbst auf lebens- gefährlichen Wegen nach Berlin geflüchtet sind, bringen an vier Tagen der Woche gekochte Mahlzeiten zum Landesamt. Die Gruppe möchte nicht auf der Ebene der humanitären Hilfe verharren, da dann die Gefahr bestehe, vom Senat in einer auf Abschreckung ausgerichteten Flüchtlingspolitik instrumentalisiert zu werden. »Wir befürchten, dass poli- tische Entscheidungen zu einer besseren und menschenwürdiger Versorgung vielleicht durch ein ehrenamtliches ›Hilfssystem‹ verzögert werden«, schreibt die Gruppe in einer Stellungnahme anlässlich des Aktionstages für Ehrenamtliche. Für die Aktivisten steht deshalb die Bekämpfung der europäischen Abschottungspolitik gegenüber Flüchtlingen weiterhin ganz oben Agenda.