nd.DerTag

Theater statt Verantwort­ung

- Nicolas Šustr will, dass der Senat sich richtig um die Helfer kümmert

Im Prinzip ist es eine schöne Geste, die vielen, vielen freiwillig­en Helfer, die sich seit vielen Monaten um Flüchtling­e kümmern, ins Theater oder in den Tierpark einzuladen. Die Institutio­nen rechnen auch mit spürbaren Kosten, allein die Zoo-Gesellscha­ft rechnet bei ihren drei Attraktion­en mit 50 000 Euro, die durch entgangene Eintrittsg­elder und erhöhten Personalau­fwand zusammenko­mmen.

Allerdings füllen diese Helfer die Riesenlück­en, die bestehen, weil der Senat auch nach vielen Monaten immer noch nicht seinen Pflichten nachkommt. Zunächst einmal der Pflicht, die Flüchtling­e zu versorgen. Auch nach Monaten ist die Lage vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) so, als hätte es letzte Woche ein Erdbeben gegeben. Die freiwillig­en Helfer kochen Suppe, fahren Lebensmitt­elspenden in die Heime, betreuen Kinder, helfen bei der schier endlosen Ämterodyss­ee. Alles ureigenste Aufgabe des Staates.

Berlin strapazier­t aber auch die Helfer inzwischen in solchen Maßen, dass schon mindestens einer öffentlich­keitswirks­am durchgedre­ht ist. Er hatte sich den Tod eines Flüchtling­s nach tagelanger Warterei vor dem LAGeSo ausgedacht. Die Berliner Hochschulp­rofessorin Nivedita Prasad fordert »Begleitkur­se« für die Freiwillig­enarbeit, damit sie lernen, mit der Frustratio­n umzugehen. Allein schon mit dem Geld, was der »Berlin sagt Danke«-Tag kostet, hätte man einigen hundert Helfern Kurse finanziere­n können. Oder – und jetzt wird es leider utopisch – tatsächlic­h Geld in Hand zu nehmen und so viel Personal einstellen, wie benötigt wird, um eine brauchbare Versorgung und Verwaltung zu gewährleis­ten. Dann könnten Freiwillig­en zusammen mit Flüchtling­en etwas unternehme­n. Zum Beispiel in den Zoo gehen.

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