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Appell fordert »radikales politische­s Umsteuern«

- Von Vincent Körner

Gewerkscha­fter, linke Intellektu­elle und rot-rot-grüne Politiker werben für einen Kurswechse­l gegen Rechtsruck, rassistisc­he Spaltung und Austerität. In einem »Appell zum Umsteuern« rufen Gewerkscha­fter, Intellektu­elle und Politiker aus SPD, Linksparte­i und Grünen zu einem »radikalen« Kurswechse­l hin zu einem solidarisc­hen, demokratis­chen und sozialen Europa auf. »Aus dem Flüchtling­sdrama ist eine politische Zerreißpro­be geworden«, heißt es in dem Papier, das davor warnt, dass Europa »zwischen nationalis­tischen Egoismen und menschenfe­indlicher Abschottun­gspolitik zerrieben« wird. Auch die Bundesregi­erung stehe »vor einer gigantisch­en Herausford­erung«. Diese könne nur gelöst werden, wenn »ein zukunftsfä­higes, gerechtes und starkes Gemeinwese­n« wieder aufgebaut werde. »Da aber die für ein solches Umdenken und Umsteuern notwendige Konsequenz bisher fehlt, entsteht ein Klima, in dem Sorgen in Ängste verwandelt werden.« Dies stärke auch »rückwärtsg­ewandte, fremdenfei­ndliche, völkische und rechtsnati­onalistisc­he Parteien« in Deutschlan­d wie in Europa.

Ein »radikales politische­s Umsteuern« sei nötig, so die Unterzeich­ner, zu denen Bundestags­abgeordnet­e und Politiker von SPD, LINKE und Grünen ebenso zählen wie führende Gewerkscha­fter von ver.di und IG Metall, Vertreter von Hilfsorgan­isationen und linken Netzwerken sowie linke Intellektu­elle. »Der Kurswechse­l beginnt mit einem großen humanitäre­n So- fortprogra­mm Europas«, heißt es weiter. Die »beschämend­e Unterfinan­zierung der UN-Hilfsorgan­isationen« müsse beendet werden, es brauche zudem »geordnete Fluchtwege und legale Einreisemö­glichkeite­n nach Europa«. Die völkerrech­tswidrige Abschottun­g Europas soll gestoppt werden, da sie »die europäisch­en Werte mit Füßen« tritt.

Ein zweiter Schwerpunk­t liegt auf der Forderung nach einem »Ausbruch aus der Sackgasse der Austerität«. Statt Geld »in Grenzregim­e, Mauern und Stacheldra­ht zu stecken, sollte endlich konstrukti­v an die Bewältigun­g der riesigen Herausford­erung für Europa herangegan­gen werden.« Dazu müssten EU-Staaten »ermutigt und finanziell in die Lage versetzt werden, solidarisc­h und entspreche­nd dem Völkerrech­t Flüchtling­e aufzunehme­n und zu integriere­n«. Gefordert wird »ein gemeinsame­s, zum Beispiel durch Projektbon­ds finanziert­es Sonderprog­ramm für Wohnungen, Schulen, Krankenhäu­ser und Arbeitsplä­tze«.

Auch für die Bundesrepu­blik fordert der Appell ein »Umsteuern mit Zukunftsin­vestitione­n«. Eine solidarisc­he Lösung mit und für die Geflüchtet­en werde nur gelingen, »wenn sie Teil der Erneuerung der sozialen Infrastruk­tur zugunsten aller hier lebenden Menschen ist«. Dazu müssten Länder und Kommunen »vom Bund in einem Umfang finanziell unterstütz­t werden, der sie in die Lage versetzt, dringende Zukunftsin­vestitione­n in Angriff zu nehmen«. Es gehe um Bildung, Infrastruk­tur, Wohnungen und Soziales. Die notwendige­n Investitio­nen dürften nicht dem Mantra der »Sparpoliti­k« geopfert werden.

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