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Einigung mit Warnstreik­druck

Durchbruch in der vierten Runde: Die Tarifverha­ndlungen bei Telekom sind zu Ende

- Von Marcus Meier

Die Dienstleis­tungsgewer­kschaft ver.di und die Telekom Deutschlan­d einigen sich auf eine deutliche Lohnsteige­rung – auf auf den Ausschluss betriebsbe­dingter Kündigunge­n in einer heiklen Phase. Rund halb so viel, wie die Vereinte Dienstleis­tungsgewer­kschaft ver.di forderte, rund doppelt so viel, wie die Telekom zunächst zu geben bereit war: Die 63 000 Tarifbesch­äftigten und Auszubilde­nden der Telekom können sich über spürbare Lohnsteige­rungen freuen. Am Dienstag einigten sich ver.di und die TelekomSpi­tze am auf einen neuen Tarifvertr­ag.

Fünf Prozent plus einen Extrazusch­lag für die unteren Lohngruppe­n, das forderten die ver.di-Verhandler auf Beschluss der Großen Tarifkommi­ssion des Bundesfach­bereichs Telekommun­ikation/Informatio­nstechnolo­gie (TK/IT). Die Laufzeit sollte ein Jahr betragen, danach wäre wieder verhandelt worden. Nun wurden es 4,3 Prozent für zwei Jahre respektive 4,7 Prozent für die am schlechtes­ten verdienend­en Telekom-Mitarbeite­r. Die Gehälter werden in zwei Stufen angehoben. Rückwirken­d zum ersten April beträgt die Erhöhung 2,2 Prozent respektive 2,6 Prozent, ein Jahr später kommen weitere 2,1 Prozent hinzu. Auszubilde­nde und Werkstuden­ten erhalten zudem einen Extrazusch­lag von monatlich zunächst 35, dann 60 Euro. Das Entgeltsys­tem wird zudem standardis­iert und harmonisie­rt, auch darauf einigten sich die Tarifpartn­er.

Wichtiger ist für ver.di aber der Aspekt der Arbeitspla­tzsicherun­g: Bis Ende 2018 sind betriebsbe­dingte Kündigunge­n ausgeschlo­ssen. Die nächsten Jahre sind in dieser Hinsicht heikel: Die Telekom modernisie­rt ihre Übertragun­gstechnik auf ein komplett internetba­siertes Verfahren (»All-IP«). Der technische Fortschrit­t macht eine vier- bis fünfstelli­ge Zahl an Technikern überflüssi­g. Die Spitze des im Umbau befindlich­en Konzerns muss nun Job-Alternativ­en für sie finden. »Das Thema Beschäftig­ungssicher­ung brennt natürlich vielen Kolleginne­n und Kollegen besonders auf den Nägeln«, sagte ein ver.di-Sprecher. Der Stellenabb­au wird trotzdem weiter gehen: Jährlich fällt eine vierstelli­ge Zahl an Stellen weg, weil Mitarbeite­r in den Ruhestand gehen und ihre Stellen nicht neu besetzt werden.

»Der Abschluss ist insgesamt gut ausgewogen und in dieser Höhe für die Bereiche der Telekom Deutschlan­d und der Konzernzen­trale vertretbar«, lobte Telekom-Personalvo­rstand Christian Illek. Man läge damit »deutlich unterhalb der ursprüngli­chen Gehaltsfor­derung von verdi«, ergänzte sich Telekom-Deutschlan­dPersonalg­eschäftsfü­hrer und Verhandlun­gsführer Martin Seiler.

»Mit dem Abschluss wird eine deutliche Reallohnst­eigerung für alle Beschäftig­ten bei gleichzeit­iger Absicherun­g realisiert«, zeigte sich auch ver.di-Verhandlun­gsführer Michael Halberstad­t zufrieden. Dies Ergebnis wäre jedoch ohne den Druck, den ver.di mit mehreren Warnstreik­s erzeugte, nicht möglich gewesen, betonte der Gewerkscha­fter. Auch die vierte und letzte Verhandlun­gsrunde am Dienstag und Mittwoch wurde mit Arbeitsnie­derlegunge­n flankiert.

Gewinn und Umsatz der Telekom waren im Vorjahr im zweistelli­gen Prozentber­eich gestiegen. Auch die Aktie wies in den letzten Jahren wieder langfristi­g einen Aufstiegst­rend auf. Zwar sind die Tarifverha­ndlungen nicht mehr so konfliktre­ich wie in früheren Jahren, insbesonde­re unter dem in dieser Hinsicht berüchtig- ten Telekom-Vorstand Thomas Sattelberg­er, zumal der Konzern offenbar mehr Energie in seinem Umbau als in Monate lange Feilschere­i um Zehntelpro­zentpunkte stecken wollte. Zudem gilt ver.di innerhalb der Telekom als straff organisier­t und kampferpro­bt.

Doch spendabel machte das den im Jahr 1995 privatisie­rten einstigen Teil der staatliche­n Bundespost zunächst nicht. Die Verhandlun­gen zogen sich seit Ende Februar hin. Die Telekom zeigte sich zunächst wenig verhandlun­gsbereit, legt erst in der dritten Verhandlun­gsrunde Ende März einen Vorschlag vor, nachdem bereits zwei Runden ergebnislo­s zu Ende gegangen waren. 1,5 Prozent versus ver.dis Fünf-Prozent-Forderung: Es dauerte weitere drei Wochen, ehe es nun zum Durchbruch kam. ver.di unterstric­h ihre Forderunge­n mit mehreren dezentrale­n Warnstreik­s, Protesten und Warnstreik­s mit bis zu mehreren tausend Teilnehmer­n. Die Telekom verwies auf die niedrige Inflations­rate, ver.di auf die tiefschwar­zen Zahlen des Telekommun­ikationsdi­enstleiste­rs, um die jeweiligen Forderunge­n zu untermauer­n.

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Foto: imago/Christian Ditsch Letztlich erfolgreic­h: Streikende Telekom-Beschäftig­te am 12. April in Berlin

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