nd.DerTag

Kein Kopftuch an Grundschul­en

Landesarbe­itsgericht stärkt Berliner Neutralitä­tsgesetz

- Von Peter Kirschey

Das Landesarbe­itsgericht hat am Donnerstag über die Klage einer Frau verhandelt, deren Bewerbung als Grundschul­lehrerin wegen des Tragens eines Kopftuches abgelehnt wurde. Niemand der Betroffene­n will seinen Namen in den Medien hören und sehen. Weder der Senatsvert­reter noch die Klägerin, die erst gar nicht vor Gericht erschienen war und ihre Anwältin sprechen ließ. Vor einem Jahr hatte sich die Frau mit türkischen Wurzeln um eine Stelle als Grundschul­lehrerin beworben. Sie wurde mit dem Hinweis abgelehnt, dass das Berliner Neutralitä­tsgesetz das Tragen eines Kopftuches als Ausdruck eines muslimisch­en Glaubensbe­kenntnisse­s nicht zulässt. Man bot ihr einen Monat später einen Arbeitsver­trag an, der für alle angestellt­en Lehrer gilt, mit dem Hinweis, dass sie an einer Berufsschu­le oder in einer Willkommen­sklasse sofort unterricht­en könne. Zu diesem Gespräch war die Frau nicht erschienen und reichte stattdesse­n Klage gegen die Ablehnung ein mit dem Hinweis, dass hier eine unzulässig­e Diskrimini­erung im Sinne des Allgemeine­n Gleichbeha­ndlungsges­etzes vorliege. Sie forderte vom Senat nun eine Entschädig­ung für die Ablehnung.

Gleich zu Beginn der Verhandlun­g zauberte der Senatsvert­reter einen Arbeitsver­trag für die Klägerin aus der Tasche. Ein Arbeitsver­trag, wie er für alle angestellt­en Lehrer in Berlin gilt. Würde sie unterschri­eben, wäre der Prozess sofort erledigt und sie könnte an einer Berufsschu­le die Arbeit aufnehmen. Die Verträge böten allerdings keine Garantie für eine bestimmte Schule oder einen bestimmten Schultyp. Angestellt­e Lehrer stünden in der Pflicht, auch einen Arbeitspla­tz anzunehmen, der nicht den eigenen Vorstellun­gen entspricht.

Nun wurden die Argumente ausgetausc­ht für und gegen das Kopftuch an Schulen. Zum Ende der mündlichen Verhandlun­g verlas die Klägeranwä­ltin Maryam Haschemi eine Stellungna­hme ihrer Mandantin. Sie sei bereit, ihren Beitrag zur Bildung zu leisten und Verantwort­ung zu übernehmen. Mit dem Kopftuchve­rbot würden Ängste geschürt. Das Kopftuch gehöre zu ihrer Person, das Verbot empfinde sie als Berufsverb­ot.

Bei der Frage religiöser Symbole im öffentlich­en Dienst handelt es sich um eine recht verwirrend­e Gesetzesla­ge. Da die Bildung Länderange­legenheit ist, hat auch jedes Bundesland eine eigene, abweichend­e Gesetzgebu­ng. Das Bundesverf­assungsger­icht hatte im letzten Jahr nach einer Klage zweier muslimisch­er Lehrerinne­n in Nordrhein-Westfalen entschiede­n, ein grundsätzl­iches Kopftuchve­rbot sei mit der Religionsf­reiheit nicht vereinbar. Es müsse eine »hinreichen­d konkrete Gefahr« für die Neutralitä­t und den Schulfried­en gegeben sein. Also kein generelles Kopftuchve­rbot, aber auch keine generelle Kopftucher­laubnis.

In Berlin regelt das Neutralitä­tsgesetz, das im vergangene­n Jahr noch einmal vom Senat bekräftigt wurde, wie mit religiösen Symbolen im öffentlich­en Dienst umzugehen ist. Das Landesarbe­itsgericht wies nach Abschluss der mündlichen Verhandlun­g die Entschädig­ungsklage der Bewerberin ab und stärkte damit die Position des Landes Berlin.

 ?? Foto: imago/ND ?? Lehrerinne­n dürfen in Berliner Grundschul­en kein Kopftuch tragen.
Foto: imago/ND Lehrerinne­n dürfen in Berliner Grundschul­en kein Kopftuch tragen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany