Religion bleibt im Wohnzimmer
Als Gottloser hat man es leicht, sich auf die Seite des Berliner Neutralitätsgesetzes zu schlagen. Keine Kruzifixe, keine Kopftücher, keine Kippot oder Turbane an Berliner Schulen. Klare Trennung von Staat und Kirche. Das gilt überall im öffentlichen Dienst und erst recht in Schulen. Denn das ist ein besonders sensibler, auf die Zukunft ausgerichteter Bereich unseres Gemeinwesens.
Wer religiöse Symbole zur Schau trägt, will mehr, als nur die eigene Überzeugung ausdrücken, er will auch andere überzeugen, dass das eigene Weltbild das Richtige ist.Wie reagieren muslimische Mädchen, die eigentlich kein Kopftuch tragen wollen? Wie verhalten sich Kinder, wenn sie in einem Gewissenskonflikt stehen, und die Person ihres Vertrauens sich per Kopfverhüllung zum Islam bekennt? Das Gerichtsurteil stärkt jene moderaten und aufgeklärten muslimischen Kräfte, die auch ohne Kopftuch gut mit ihrem Glauben leben können.
Berlin hat sich in seinen sozialen Strukturen in den letzten Jahrzehnten radikal verändert. Die Stadt ist bunter und auch religiös vielfältiger geworden. Alle Gruppen wollen in gleicher Weise vom Staat repräsentiert werden. Eines der einenden Bänder ist dabei die weltanschauliche Neutralität im öffentlichen Dienst.
Ich habe mir eine Kippa zugelegt und trage sie nach jüdischer Tradition, wenn ich den jüdischen Friedhof in Weißensee besuche. In einem christlichen Gotteshaus verzichte ich auf Kopfbedeckung, wie es der Glaube von mir erwartet. Beim Besuch der Moschee lasse ich in Achtung vor dem Islam meine Schuhe vor der Tür. Ein respektvoller Umgang mit religiösen Symbolen ist etwas Selbstverständliches. An Schulen jedoch haben die Rituale des Glaubens nichts zu suchen.