Bayern: Keine Retter zweiter Klasse mehr?
Im Gegensatz zu Feuerwehrleuten bekommen Rettungshelfer in Bayern nur unter speziellen Bedingungen ihren Verdienstausfall erstattet. Diese Ungleichbehandlung soll endlich wegfallen. Wenn sich ein Unfall oder ein Unglück ereignet, kommt es bei Feuerwehr und Rettungsdienst auf jedes einzelne Mitglied an. Um Situationen unter Kontrolle zu bringen und eine adäquate Versorgung zu gewährleisten, sind nicht nur hauptamtliche Retter und die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren gefragt — auch viele ehrenamtliche Helfer sind in derartigen Situationen ein elementarer Bestandteil der Rettungskette. Mit ihrer Arbeit helfen sie im Hintergrund bei der Bewältigung von logistischen Aufgaben, leisten für Opfer und deren Angehörige seelsorgerische Dienste oder versorgen bei größeren Einsatzlagen die Kollegen mit Nahrungsmitteln. In etlichen Fällen verlassen sie dafür – wie die Feuerwehrangehörigen – ihren Arbeitsplatz und wechseln innerhalb von wenigen Minuten von ihrem beruflichen Alltag in ihr Ehrenamt.
Trotzdem schlug sich die gleichermaßen hohe Relevanz von Rettungshelfern im Freistaat bisher nicht hinreichend in der juristischen Praxis nieder. Denn im Bayerischen Rettungsdienstgesetz gibt es mehrere Abstufungen von Einsätzen. Wer als Freiwilliger von der Integrierten Leitstelle angefordert wird, wer direkt in die Patientenversorgung involviert ist oder wer Transportdienste wahrnimmt, hat demnach ebenso wie Feuerwehrkräfte einen Anspruch auf die Übernahme seiner finanziellen Ausfälle. Anders sieht es dagegen aus, wenn die ehrenamtlichen Helfer lediglich logistische oder seelsorgerische Tätigkeiten wahrnehmen, wenn sie also Rettungskräfte mit Nahrung versorgen, Opfer und deren Angehörige betreuen oder Menschen in Notunterkünften unterbringen. Diese Helfer bleiben in der Regel auf ihren Kosten sitzen, weil sie nicht unmittelbar in die sogenannte zeitkritische Versorgung eingebunden waren.
Doch nach jahrelanger Kritik und einem erfolglosen Antrag bereits im Vorjahr ist demnächst ein Ende dieser Ungleichbehandlung von Feuerwehrleuten und Rettungshelfern in Bayern zu erwarten. Auf Initiative der SPD hat der Innenausschuss des Bayerischen Landtags in dieser Woche eine erste Hürde genommen, um mit einem neuen Entwurf alle freiwilligen Rettungshelfer gleichberechtigt zu behandeln. Der SPD-Abgeordnete Paul Wengert – er ist auch Vizepräsident des Bayerischen Roten Kreuzes – spricht von einer Kehrtwende. Mit dem einstimmigen Entschluss, sagte der Sozialdemokrat dem »nd«, sei »ein deutliches Zeichen an die Regierung ausgesendet« und den »Bedürfnissen der Rettungshelfer« Rechnung getragen worden.
Jetzt muss Bayerns Innenministerium zunächst die Fragen der Abgeordneten rund um die Freistellungsmaßnahmen beantworten und anschließend einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Forderungen berücksichtigt. Dabei sollen sowohl die Angehörigen der Feuerwehren als auch die Ehrenamtlichen der Rettungsdienste auf dieselbe Stufe gehoben werden, damit beide bei einer Alarmierung ohne finanzielle Einbußen ausrücken und sich für andere Menschen einsetzen können. Wengert freut sich als einer der Initiatoren derweil über die »späte Einsicht« der CSU, die die den Vorschlag noch 2015 abgelehnt hat, und hofft auf eine zügige Umsetzung. Erst dann wird ein viele Jahre währendes »Grummeln« bei Hilfsorganisationen wohl verstummen.