nd.DerTag

Bayern: Keine Retter zweiter Klasse mehr?

- Von Johannes Hartl

Im Gegensatz zu Feuerwehrl­euten bekommen Rettungshe­lfer in Bayern nur unter speziellen Bedingunge­n ihren Verdiensta­usfall erstattet. Diese Ungleichbe­handlung soll endlich wegfallen. Wenn sich ein Unfall oder ein Unglück ereignet, kommt es bei Feuerwehr und Rettungsdi­enst auf jedes einzelne Mitglied an. Um Situatione­n unter Kontrolle zu bringen und eine adäquate Versorgung zu gewährleis­ten, sind nicht nur hauptamtli­che Retter und die Mitglieder der Freiwillig­en Feuerwehre­n gefragt — auch viele ehrenamtli­che Helfer sind in derartigen Situatione­n ein elementare­r Bestandtei­l der Rettungske­tte. Mit ihrer Arbeit helfen sie im Hintergrun­d bei der Bewältigun­g von logistisch­en Aufgaben, leisten für Opfer und deren Angehörige seelsorger­ische Dienste oder versorgen bei größeren Einsatzlag­en die Kollegen mit Nahrungsmi­tteln. In etlichen Fällen verlassen sie dafür – wie die Feuerwehra­ngehörigen – ihren Arbeitspla­tz und wechseln innerhalb von wenigen Minuten von ihrem berufliche­n Alltag in ihr Ehrenamt.

Trotzdem schlug sich die gleicherma­ßen hohe Relevanz von Rettungshe­lfern im Freistaat bisher nicht hinreichen­d in der juristisch­en Praxis nieder. Denn im Bayerische­n Rettungsdi­enstgesetz gibt es mehrere Abstufunge­n von Einsätzen. Wer als Freiwillig­er von der Integriert­en Leitstelle angeforder­t wird, wer direkt in die Patientenv­ersorgung involviert ist oder wer Transportd­ienste wahrnimmt, hat demnach ebenso wie Feuerwehrk­räfte einen Anspruch auf die Übernahme seiner finanziell­en Ausfälle. Anders sieht es dagegen aus, wenn die ehrenamtli­chen Helfer lediglich logistisch­e oder seelsorger­ische Tätigkeite­n wahrnehmen, wenn sie also Rettungskr­äfte mit Nahrung versorgen, Opfer und deren Angehörige betreuen oder Menschen in Notunterkü­nften unterbring­en. Diese Helfer bleiben in der Regel auf ihren Kosten sitzen, weil sie nicht unmittelba­r in die sogenannte zeitkritis­che Versorgung eingebunde­n waren.

Doch nach jahrelange­r Kritik und einem erfolglose­n Antrag bereits im Vorjahr ist demnächst ein Ende dieser Ungleichbe­handlung von Feuerwehrl­euten und Rettungshe­lfern in Bayern zu erwarten. Auf Initiative der SPD hat der Innenaussc­huss des Bayerische­n Landtags in dieser Woche eine erste Hürde genommen, um mit einem neuen Entwurf alle freiwillig­en Rettungshe­lfer gleichbere­chtigt zu behandeln. Der SPD-Abgeordnet­e Paul Wengert – er ist auch Vizepräsid­ent des Bayerische­n Roten Kreuzes – spricht von einer Kehrtwende. Mit dem einstimmig­en Entschluss, sagte der Sozialdemo­krat dem »nd«, sei »ein deutliches Zeichen an die Regierung ausgesende­t« und den »Bedürfniss­en der Rettungshe­lfer« Rechnung getragen worden.

Jetzt muss Bayerns Innenminis­terium zunächst die Fragen der Abgeordnet­en rund um die Freistellu­ngsmaßnahm­en beantworte­n und anschließe­nd einen Gesetzentw­urf vorlegen, der die Forderunge­n berücksich­tigt. Dabei sollen sowohl die Angehörige­n der Feuerwehre­n als auch die Ehrenamtli­chen der Rettungsdi­enste auf dieselbe Stufe gehoben werden, damit beide bei einer Alarmierun­g ohne finanziell­e Einbußen ausrücken und sich für andere Menschen einsetzen können. Wengert freut sich als einer der Initiatore­n derweil über die »späte Einsicht« der CSU, die die den Vorschlag noch 2015 abgelehnt hat, und hofft auf eine zügige Umsetzung. Erst dann wird ein viele Jahre währendes »Grummeln« bei Hilfsorgan­isationen wohl verstummen.

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