Geldmangel tötet den freien Journalismus
Reporter Ray Mwareya berichtet über schwierige Arbeitsbedingungen in Simbabwe und Südafrika
Sie sind Reporter für humanitäre Themen. Wovon handelte Ihr letzter kritischer Artikel? Ich habe über schwangere Migrantinnen berichtet, die sich illegal in Südafrika aufhalten. Es ging um Frauen aus Simbabwe und Mosambik, die auf Arbeitssuche sind. Sie besitzen keine offiziellen Papiere, was von ihren Arbeitgebern ausgenutzt wird. Sobald sie schwanger sind, können sie sofort entlassen werden. Nach der Geburt bezahlen Mütter viel Geld an Menschenschmuggler, damit diese den Nachwuchs außer Landes bringen. Haben Sie sich auf weiteren Gebieten profiliert? Ich habe eine Reportage über Sklaverei in illegalen südafrikanischen Goldminen geschrieben. Internationale Verbrecherorganisationen nutzen dort arme Migranten aus instabilen afrikanischen Ländern aus, die in den Minen bis zum Zusammenbrechen schuften müssen. Ursprünglich kommen Sie aus Simbabwe. Mit welchen Problemen sind Journalisten in Ihrem Heimatland konfrontiert? Für unabhängigen Journalismus ist die Finanzierung das größte Problem. Zeitintensive, investigative Artikel zu schreiben, ist fast unmöglich. Die Medienhäuser leiden unter der schlechten Wirtschaftslage.
Die meisten Zeitungen veröffentlichen Geschichten über Prominente und Sexskandale. Die verkaufen sich Sebastian Bähr. besser und bringen mehr Werbeeinnahmen. Auch die Leserschaft ist eher klein. Viele Journalisten können sich nicht mal eine Kamera oder die Internetgebühren leisten. Hat die Repression im Laufe der Jahre zu- oder abgenommen? Seit den letzten Wahlen 2008 hat sich die Situation für Medienschaffende leicht verbessert. Heute haben Journalisten größere Freiheiten, Themen anzusprechen und Grenzen zu verschieben. Aber natürlich ist die Lage noch nicht zufriedenstellend. Welche Rolle spielt die private Presse? Es gibt eine mittlerweile legalisierte und sich in Privatbesitz befindende Presse, die über Politik, Umweltthemen und Skandale berichtet. Es existieren aber Grenzen dazu, worüber geschrieben werden darf. Die private Presse wird schrittweise akzeptiert, befindet sich jedoch in einer Grauzone. Von wo aus berichten Sie? Die meiste Zeit arbeite ich von Südafrika aus. Die Wirtschaft ist dort besser entwickelt und die Internet-, und Lebenshaltungskosten sind geringer. Wie ist die Situation von Journalisten aus Simbabwe, die in Südafrika arbeiten? Dutzende haben keine offiziellen Papiere und können unter diesen Umständen nicht ohne Weiteres für Verlage arbeiten. Es ist schwierig, über Missstände zu berichten, da man einfach als illegaler Flüchtling festgehalten werden kann. Manchmal müssen Journalisten Polizeibeamte bestechen, um eine Abschiebung zu vermeiden. Viele geben ihre Profession auf und versuchen, als Lehrer oder in einer Fabrik zu arbeiten. Wo bekommen Sie Ihre Informationen her? Wenn ich von Südafrika aus arbeite, dann habe ich meine Quellen im Land. Wenn ich über andere Länder wie Simbabwe schreibe, dann muss ich mit lokalen Journalisten zusammenarbeiten. Wie wichtig ist Unterstützung aus dem Ausland für Journalisten in Simbabwe? Die meisten unabhängigen Journalisten schreiben in Englisch und versuchen ihre Artikel auch in der englischsprachigen Welt zu veröffentlichen. Dort bekommen sie das meiste Geld für ihre Artikel. Hier würde ein leichterer Zugang helfen. Gibt es noch ändere Möglichkeiten? Wichtiger als Unterstützung aus dem Ausland wäre, dass sich die Wirtschaft im Simbabwe verbessert. Auch Förderung durch politische Organisationen aus dem Ausland kann die Unabhängigkeit beeinträchtigen. Unser Journalismus muss auf eigenen Beinen stehen. Wie wirkt sich das Internet auf den Journalismus aus? Der Netzausbau kommt in Simbabwe so schnell voran, wie in kaum einem anderen Land Afrikas. Fast jeder hat heute ein Mobiltelefon mit Zugang zum Internet. Das ist auch unsere Hauptinformationsquelle. Vor allem Plattformen wie Youtube oder die Möglichkeit zu Bloggen sind eine Unterstützung für den Journalismus. Gibt es Zensur im Internet? Das Internet ist größtenteils frei. Die de-facto-Zensur kommt eher durch Ausschluss, weil viele die Kosten nicht bezahlen können. Es ist nicht wie in China, auch Nichtregierungsorganisationen bestätigen das. Wir können Medien wie die BBC oder die »New York Times« problemlos lesen. Wie ist die Stimmung unter den jungen Menschen im Land? Sie haben wenig Interesse an Politik. Die Jugendlichen begeistern sich aber leidenschaftlich für technische Neuheiten. Sie lernen gerade, die Möglichkeiten zu nutzen und sich im Internet auszudrücken. Wie kann Technologie eine Öffnung des Landes fördern? Durch Zugang. Wenn die Preise für Technologie fallen, können junge Menschen leichter ins Internet. Dadurch können sie politisch und wirtschaftlich stärker partizipieren.