Wo man den Wald vor lauter Eignern nicht sieht
In Sachsen-Anhalt müsste ein Drittel der Waldfläche gekalkt werden, doch vielerorts klappt die Absprache unter den vielen Besitzern nicht
Seit Jahrzehnten bekommen die Wälder auch in Sachsen-Anhalt mehr Stickstoff, als sie benötigen. Um die Versauerung zu stoppen, soll gekalkt werden. Flächendeckend geschieht dies bislang nicht. Magdeburg. Zahlreiche Waldböden in Sachsen-Anhalt sind seit den 1980er Jahren versauert. Kalken hilft dagegen. Rund ein Drittel der Waldfläche von Sachsen-Anhalt sei kalkungsbedürftig, sagte Michael Mindrup von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) in Göttingen. Das sind knapp 180 000 Hektar der 530 000 Hektar Gesamtfläche des Waldes. In den vergangenen Jahren sind allerdings nur rund 9300 Hektar Landeswald gekalkt worden. Ohne Kalken ist die Stabilität des Waldökosystems langfristig in Gefahr.
Als Ausgangspunkt für die Versauerung der Böden gilt die Luftverschmutzung durch die wachsende Industrialisierung und den zunehmenden Autoverkehr in den 1980er Jahren. Dadurch wurde der Regen sauer. Zudem werde seit Jahrzehnten den Wäldern mehr Stickstoff zugeführt, als sie für ihr Wachstum benötigten, teilte das Umweltministerium mit. Aktuell seien dafür hauptsächlich der Autoverkehr sowie die Landwirtschaft verantwortlich. Durch die erhöhte Stickstoffanreicherung im Boden komme es zu »schleichenden, lang- fristig jedoch gravierenden Konsequenzen für den Wald sowie angrenzende Ökosysteme wie Fließ- und Grundgewässer«, heißt es aus dem Ministerium. In der Region im Nor- den von Sachsen-Anhalt ist für den Frühherbst ein Modellvorhaben geplant. Etwa 300 Hektar sollen in der Altmark gekalkt werden. »24 000 von 30 000 Hektar des Waldbodens in der Altmark müssten gekalkt werden«, sagte Helmut Jachalke, Leiter des Betreuungsforstamtes Westliche Altmark. Das Problem: In der West-Altmark verteilen sich rund 22 000 Hektar Wald auf rund 4000 Besitzer. Die Absprache und Überzeugungsarbeit sei dort – ähnlich wie in anderen Regionen – nicht einfach. Daher sei bisher nicht in größerem Maße gekalkt worden. Eine Kalkung wird zu 80 Prozent mit Landes- und EU-Mitteln ge- fördert. Den Rest muss der Besitzer selbst tragen. Gesundheitliche Gefahren – etwa für die Tiere oder Spaziergänger im Wald – gehen von dem Kalk nicht aus.
Sowohl die Altmark als auch der Harz stehen im Fokus für die Kalkung in Sachsen-Anhalt. Daher sei in dem »besonders geschädigten Harzwald in den vergangenen fünf Jahren bereits auf insgesamt 9300 Hektar Landeswald Naturkalk ausgebracht worden«, erklärte das Umweltministerium. Wie viel dort noch gekalkt werden müsse, könne jedoch nicht abschließend beantwortet werden.
In den vergangenen Jahren sind nur rund 9300 Hektar Landeswald gekalkt worden.