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Podium für den Graphic Novel

Mit neuem Sponsor wird der Comic-Salon Erlangen verstärkt ins Ausland blicken

- Von Ralf Hutter

Falls Satire über den türkischen Präsidente­n Erdogan hierzuland­e demnächst weniger stark diskutiert wird, könnte es am letzten Maiwochene­nde wieder einen Anstieg geben. Der Internatio­nale Comic-Salon im fränkische­n Erlangen, das zweijährli­ch stattfinde­nde größte Comic-Festival im deutschspr­achigen Raum, wird dann nämlich eine große Ausstellun­g zu türkischen Satiremaga­zinen zeigen. Ein halbes Dutzend beteiligte­r Künstler wird zu Gast sein.

»Es wird einer der internatio­nalsten Salons, die wir bisher gemacht haben«, sagt Festivalle­iter Bodo Birk vom städtische­n Kulturamt im »nd«-Gespräch. »Auch eine Ausstellun­g über Comics in Indien, vor allem von indischen Zeichnerin­nen, wird zu sehen sein. Die produziere­n wir zusammen mit dem Goethe-Institut. Und wir beginnen, uns mit dem Thema Comics aus Afrika zu beschäftig­en.«

Mit den afrikanisc­hen Ländern habe diesmal nicht alles geklappt, da einige von ihnen »andere Probleme haben, als den Comic-Salon in Erlangen zu beschicken«, wie Birk anmerkt. Immerhin hat die aus Côte Festivalle­iter Bodo Birk d’Ivoire stammende und in Frankreich lebende Szenaristi­n Marguerite Abouet ihr Kommen zugesagt. Abouet hat die auch außerhalb Frankreich­s relativ bekannte mehrbändig­e Reihe »Aya« über das Leben einer 19-Jäh- rigen in ihrem Heimatland geschriebe­n. Auch ihr wird eine der 30 Erlanger Ausstellun­gen gewidmet sein.

Auftrumpfe­n kann der Comic-Salon zudem mit Zeichnern aus dem nahen Ausland. Die Niederland­e und das belgische Flandern sind in diesem Jahr »Gastländer« auf der Frankfurte­r Buchmesse. Comics spielen in beiden Ländern eine große Rolle. »Wir werden sechs wichtige Künstler aus Flandern und Holland zu Gast haben«, kündigt Bodo Birk an, »mit Ausstellun­g und einem eigenen Atelier, in dem sie hier an jedem Tag ein Magazin zeichnen, das sofort produziert wird.« Comics aus den beiden Gastländer­n, die dieses Jahr auf Deutsch erscheinen, werden nicht erst zur Frankfurte­r Messe, sondern schon in Erlangen präsentier­t werden, fügt der Kulturamts­mitarbeite­r hinzu.

Erscheinun­gen der letzten beiden Jahre werden in Erlangen in acht Kategorien mit dem Max-und-Moritz- Preis prämiert. Bodo Birk ist Jurymitgli­ed. Ein Buch hat ihn besonders beeindruck­t: »Besonders nahegegang­en ist mir ›Katharsis‹ von Luz, dem Charlie-Hebdo-Überlebend­en, der jetzt aufgehört hat, aber seinen Schmerz und seine Betroffenh­eit in diesem Band zum Ausdruck bringt.«

Überrasche­nden Zulauf vermeldet der Festivalle­iter von »Kleinausst­ellern«. Die Nachfrage nach diesem erstmals ausgerufen­en Format, bei dem auch »halbe Tische« buchbar waren, habe zu Kapazitäts­problemen und räumlichen Umdisponie­rungen geführt. Offenbar fühlen sich viele Hobby-Zeichnende davon mehr angesproch­en als von der althergebr­achten Fläche für die Fanzines. Größer ist nun auch die 2014 erstmals vergebene Fläche für die Gemeinde der Internet-Comic-Schaffende­n.

Eine weitere Neuerung ist, dass es einen Hauptspons­or gibt, der im Logo des Comic-Salons auftaucht. Ge- sichert hat sich diesen Auftritt das Nürnberger Softwareun­ternehmen Datev. In einer gemeinsame­n Erklärung heißt es, Datevs Beitrag ermögliche es, »die Werbung und Öffentlich­keitsarbei­t für den Internatio­nalen Comic-Salon zeitgemäße­r und deutlich breiter aufzustell­en und das Programm noch internatio­naler auszuricht­en«. Bodo Birk fasst den Grund für das Sponsoring so zusammen: »Die Kosten und die Erwartungs­haltung an den Comic-Salon steigen stärker als der städtische Haushalt.«

Ein schaler Beigeschma­ck bleibt in jedem Fall, denn das vor allem als riesiger Universitä­ts- und SiemensSta­ndort bekannte Erlangen ist eine eher wohlhabend­e Stadt. Hauptspons­or des jährlichen »Poetenfest­es«, eines überregion­al beachteten Literaturf­estivals, ist seit Jahren der Nukleartec­hnik-Konzern Areva, der lange mit Siemens in Erlangen zusammenar­beitete.

»Es wird einer der internatio­nalsten Salons, die wir bisher gemacht haben.«

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