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In Gedanken schon in Madrid

Der FC Bayern hat nach dem 2:0 in Berlin noch drei Endspiele, Hertha BSC auch

- Von Alexander Ludewig

Eine Halbzeit lang war Hertha BSC ebenbürtig. Nach einer glückliche­n Führung gewann Bayern aber letztlich verdient. Berlin kämpft weiter um einen internatio­nalen Platz, Bayern hingegen denkt an Madrid. Ein klare Absage hatte es aus München schon vor dem Spiel bei Hertha BSC gegeben. Bayern-Trainer Pep Guardiola hatte verfügt, falls der Rekordmeis­ter am Sonnabend im Berliner Olympiasta­dion seinen nächsten Titel gewinnen sollte, werde nicht gefeiert. Da bei sieben Punkten Vorsprung vor Borussia Dortmund die vierte Meistersch­aft in Folge so gut wie sicher ist, legen die Münchner ihre ganze Konzentrat­ion auf die Champions League. Schon am Mittwoch steht das Halbfinalh­inspiel bei Atlético Madrid an.

Für die Berliner ist die Bundesliga nach dem Halbfinala­us im DFB-Pokal alles. Die bislang überrasche­nd gute Saison soll mit einem europäisch­en Startplatz für die kommende Spielzeit gekrönt werden. Diese Ausgangspo­sition führte vor 76 233 Zuschauern zu einem sehr kontrollie­rten Spiel. Guardiola schonte einige Stars, würfelte seine Team wieder ordentlich durcheinan­der und nutzte nicht mal die maximale Anzahl von sieben Wechselspi­elern auf der Bank. Mit Serdar Tasci, Mehdi Benatia oder Rafinha standen einige auf dem Platz, die sonst nicht allzu viele Einsatzmin­uten bekommen. HerthaCoac­h Pal Dardai setzte auf eine verstärkte Defensive und ließ in einem 4-1-4-1-System mit nur einem Stürmer spielen.

Der Plan der Berliner, die Räume im Mittelfeld so eng wie möglich zu halten und somit das Kurzpasssp­iel der Münchner zu unterbinde­n, ging in der ersten Halbzeit sehr gut auf. Nur zwei Mal kamen die Bayern auf schnellem Weg vor das Tor von Hertha BSC. Zwei Mal war Douglas Costa, der beste Münchner an diesem Nachmittag, beteiligt. Nach acht Minuten bekam der Brasiliane­r nach drei, vier direkten Pässen den Ball an der Mittellini­e, zog entschloss­en Richtung Strafraum und schloss aus 20 Metern ab. Die Fäuste von Hertha-Torwart Thomas Kraft verhindert­en den Führungstr­effer. In der 22. Minute hebelten Costa und Thiago mit zwei Doppelpäss­en die gesamte Berliner Defensive aus. Der Lupfer des Spaniers aus sieben Metern war aber zu lässig angesetzt.

Mehr Chancen bekamen die Münchner in Halbzeit eins nicht. In der Torschusss­tatistik lagen die Berliner sogar mit sechs zu drei vorn. Aus einer dichten Defensive wurden sie immer wieder mal in der Offensive gefährlich. Den ersten Schuss feuerte Tolga Cigerci schon nach vier Minuten ab. In der 20. Minute kam Mitchell Weiser sieben Meter vor dem Bayern-Tor an den Ball, sein Schuss wurde vom heranflieg­enden Tasci geblockt. Sieben Minuten später fehlte Innenverte­idiger Niklas Stark nach einer Ecke beim Kopfball das exakte Timing. Drei Minuten vor der Pause drosch Rechtsvert­eidiger Peter Pekarik von rechtsauße­n den Ball aus 20 Metern nur knapp am Gehäuse von Manuel Neuer vorbei. »Wir waren in der ersten Halbzeit die bessere Mannschaft«, lautete Dardais Fazit nach dem Spiel zu den ersten torlosen 45 Minuten.

Nach Torschüsse­n lag Hertha BSC auch am Ende vorn – neun zu sechs. Liest man diese Statistik allerdings genauer, wird klar, warum die Münchner am Ende mit 2:0 gewonnen haben. Kein Schuss der Berliner kam auf das Tor, der Ball verfehlte entweder das Ziel oder wurde ge- blockt, bevor Manuel Neuer eingreifen musste. Die sechs Versuche des FC Bayern hingegen fanden zielsicher den Weg zwischen Pfosten und Querlatte. Bei zweien war Hertha-Torwart Kraft machtlos.

Drei Minuten nach Wiederanpf­iff traf Arturo Vidal aus 20 Metern zum 1:0 – unhaltbar, weil abgefälsch­t und deshalb durchaus glücklich. »Danach war es für uns gegen die Ballbesitz­Bayern sehr schwer«, sah Dardai im Rückstand einen Wendepunkt in der Partie. Im Wissen um die eigenen Stärken spielten die Münchner einfach weiter wie bisher: unaufgereg­t und mit angezogene­r Handbremse, hatten fortan aber die komplette Kontrolle. »Die Führung war sehr wichtig für uns, für unser Selbstvert­rauen«, sagte Guardiola später. Seinen Höhepunkt hatte das vor allem in der zweiten Halbzeit ereignisar­me Spiel in der 79. Minute. Linksfuß Douglas Costa tanzte auf der rechten Seite einen Gegenspiel­er aus und wuchtete den Ball aus halbrechte­r Position von der Strafraumg­renze ins lange Eck. Der Jubel der Münchner nach dem Abpfiff war verhalten. Weil Dortmund gewonnen hatte und der Titel zumindest theoretisc­h immer noch umkämpft ist. Und weil das Wissen um die eigentlich­e Herausford­erung dieser Saison mitgespiel­t hat. »Am Mittwoch wird es ein komplett anderes Spiel«, blickte Guardiola voraus, nach Madrid.

Der Bayern-Trainer tat sich schwer, die 90 Minuten und den Pflichtsie­g gegen Hertha BSC zu erklären. Auch seine Gedanken drehen sich um die Champions League. Der Gewinn der Königsklas­se war von Beginn an das ausgegeben­e Ziel seiner dreijährig­en Mission in München – noch drei Spiele sind es bis zum Titel.

Auf gewisse Weise gilt das auch für Hertha BSC in der Bundesliga. »Wir haben jetzt noch drei Endspiele«, sagte Dardai. Nach 31 Spieltagen haben die Berliner immer noch vier Punkte Vorsprung auf Platz sieben, der in dieser Saison zum Erreichen der Qualifikat­ionsspiele zur Europa League genügt.

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Foto: AFP/Odd Andersen Hat bis zu seinem Weggang noch einiges vor: Bayern-Coach Guardiola

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