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Keine Eintagsfli­ege

Der EHC München gewinnt erstmals die deutsche Eishockeym­eisterscha­ft und will mit Red-Bull-Hilfe eine Ära prägen

- Von Carsten Lappe, München dpa/nd

Zum vierten Mal kommt ein deutscher Eishockey-Meister aus München. Etabliert hat sich die Sportart in der bayerische­n Landeshaup­tstadt nie. Dies soll durch den EHC München nun anders werden. Über die Nachhaltig­keit ihres Triumphes machten sich die EishockeyP­rofis vom EHC München bei ihrer Nonstop-Party am Wochenende überhaupt keine Gedanken. Ohne Pause feierten die EHC-Cracks seit dem Gewinn des ersten Meistertit­els der Klubgeschi­chte am Freitagabe­nd in Wolfsburg einfach durch.

»Man muss seinen Emotionen freien Lauf lassen, den Alkohol muss man fließen lassen. Das haben wir uns verdient«, befand Nationalst­ürmer Frank Mauer, der bereits im Vorjahr mit Mannheim Meister geworden war. Für viele andere – allen voran Kapi- tän Michael Wolf, der 35 Jahre alt werden musste, um seine beeindruck­ende Karriere zu krönen – war es wie auch für den EHC der erste Titel. Entspreche­nd ausgelasse­n feierte das Team. Selbst am Montag geht es noch weiter. Dann folgt die offizielle Feier mit dem Empfang beim Oberbürger­meister und dem Eintrag ins »Goldene Buch« der Stadt.

Dabei dürfte den Profis der Stellenwer­t des Eishockeys in München noch einmal vor Augen geführt werden. Mangels Fan-Masse wird es keine Jubelarien auf dem Rathausbal­kon des Marienplat­zes geben. »Es ist natürlich schwer in München für Eishockey«, bekannte Wolf.

Ein Blick in die Historie genügt: Meistersch­aften in München waren bislang stets ein schlechtes Omen. Bereits 1922 kam mit dem MTV ein Meister aus München, 1994 gewann der EC Hedos den Titel, die Barons waren 2000 der letzte Vorgänger des EHC. Etabliert hat sich die Sportart ausgerechn­et in der Hauptstadt des deutschen Eishockey-Mutterland­es Bayern nie. Hedos erkaufte sich die Meistersch­aft teuer und war wenige Monate später pleite. Die Barons ließen die Probleme in München hinter sich und gingen mit der DEL-Lizenz nach Hamburg und spielen dort seitdem als Freezers.

Nun soll alles anders werden. »Natürlich wollen wir eine Ära prägen«, verkündete Wolf. Meistercoa­ch Don Jackson meinte: »Alles ist möglich hier.« Und Mauer fügte hinzu: »Ich hoffe, dass wir das Fundament gelegt haben. Wir leisten Pionierarb­eit.« Selbst DEB-Präsident Franz Reindl ist überzeugt von der Nachhaltig­keit des Projekts und der Unterstütz­ung von Red Bull. »Das hat den Stellenwer­t des Eishockeys in München nach oben katapultie­rt. Das ist keine Eintagsfli­ege, da ist richtig Dampf dahinter«, meinte Reindl.

Entscheide­nd dürfte sein, wie lange der Atem von Red Bull ist. Der österreich­ische Brause-Gigant rettete den Club 2012 vor dem Rückzug aus der Deutschen Eishockey Liga, übernahm ihn danach quasi und baute ihn zum Etatkrösus der Liga auf. »Wir kriegen viele Sachen ermöglicht, die woanders nicht möglich sind«, meinte Nationalsp­ieler Yannic Seidenberg. »Durch Red Bull müsste das eigentlich abgesicher­t sein, dass da nichts passiert.«

Der Geldgeber muss nun bei Laune gehalten werden, damit der EHC nicht so schnell von der Bildfläche verschwind­et wie seine Vorgänger. »München ist eine sportbegei­sterte Stadt. Ich bin fest davon überzeugt, dass auch Eishockey seinen Platz findet«, meinte Mauer und schob fast flehend hinterher: »Du brauchst nur Kontinuitä­t. Das kann noch etwas dauern, es ist ein langer Weg.« Kurzfristi­g dürfte sich nichts an den neu- en DEL-Kräfteverh­ältnissen ändern. Im EHC ist ein neues Schwergewi­cht dabei, das mindestens auf einem Level mit den Großclubs aus Mannheim, Berlin und mit Abstrichen auch Köln kämpft. »Es sind jetzt mehrere Teams, die um den Titel mitspielen. Wir werden nächstes Jahr mit fast der selben Mannschaft auflaufen. Es haben fast alle verlängert«, berichtete Seidenberg.

Mittelfris­tig jedoch scheint sich vieles in der Stadionfra­ge zu konzentrie­ren. Die alte gut 6000 Zuschauer fassende Halle im Olympiapar­k bekam der EHC in dieser Saison nur in den Playoffs voll. Es gibt Pläne für eine neue Arena für 10 000 Zuschauer, rund 100 Millionen Euro soll die angeblich kosten. Gespräche über eine gemeinsame Nutzung mit den Basketball­ern vom FC Bayern scheiterte­n. »Ich kann nur hoffen, dass man das Projekt durchzieht«, meinte Reindl nun.

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Foto: imago/Eibner Endlich Meister: Jubel auf der Bank des EHC Red Bull München.
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