Rechtspopulisten feiern FPÖ-Triumph
AfD und Front National beschwören Zeichen für Abkehr von der EU
Wien. Die Rechtspopulisten der FPÖ stehen vor ihrem größten Triumph: Dem Einzug in die Hofburg in Wien. Norbert Hofer erreichte in der ersten Runde der Bundespräsidentenwahl in Österreich am Sonntag für die »Blauen« rund 35 Prozent der Stimmen. Auf dem zweitplatzierten Ex-Vorsitzenden der Grünen Alexander Van der Bellen ruhen nun alle Hoffnungen der FPÖ-Gegner. Er erreichte mit 21 Prozent die Stichwahl.
Rechtspopulisten in Europa bejubelten das FPÖ-Ergebnis. »Unser politischer Verbündeter in Österreich hat damit ein weiteres deutliches Zeichen gesetzt, bravo«, erklärte das AfD-Bundesvorstandsmitglied André Poggenburg. Frankreichs rechtsradikale Partei Front National (FN) hat das Wahlergebnis in Österreich als Beleg einer Abwendung von der EU begrüßt. »Es gibt ganz klar eine Einsicht der europäischen Völker, dass die Europäische Union in Wahrheit eine Struktur der Unterwerfung der Völker ist«, sagte Parteichefin Marine Le Pen am Montag dem Sender France 2.
Die erste Runde der Präsidentschaftswahlen in der Alpenrepublik hat das etablierte Parteiengefüge ins Wanken gebracht. Klar ist: Weder ÖVP noch SPÖ werden das neue Staatsoberhaupt stellen.
Ein »neues politisches Zeitalter« sei angebrochen, fasste der ORF den Ausgang der Bundespräsidentenwahl vom Sonntag zusammen. Und tat- sächlich brachte die erste Runde der Volkswahl zum höchsten Amt im Staate ein völlig unerwartetes Ergebnis. Die Kandidaten der beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP landeten nach dem vorläufigen Endergebnis mit je 11 Prozent der Stimmen auf den hinteren Plätzen. Mit großem Abstand siegte Norbert Hofer von der FPÖ (35,3 Prozent) vor dem Grünen Alexander van der Bellen (21,3 Prozent). Den dritten Platz errang die rechtsliberale parteilose pensionierte Richterin Irmgard Griss (19 Prozent).
Fast 6,5 Millionen Österreicher waren am Sonntag aufgerufen, den Nachfolger des Sozialdemokraten Heinz Fischer im Amt des Bundespräsidenten zu wählen. Dieser hat protokollarische Aufgaben, allerdings räumt ihm die Verfassung als direkt gewähltem Amtsträger wichtige Befugnisse ein. Das Antreten von sechs Kandidaten machte es von Anfang an sehr wahrscheinlich, dass es am 22. Mai zu einer Stichwahl kommt. Zu dieser werden nun der 45jährige Rechtspopulist Hofer und der 72-jährige Grünliberale van der Bellen antreten. Der große Vorsprung von Hofer garantiert ihm indes keineswegs den Sieg im zweiten Wahlgang, für den die Karten neu gemischt werden.
Beide noch vor Jahren als »große Parteien« bezeichneten Koalitionspartner SPÖ und ÖVP stehen nach diesen Präsidentschaftswahlen vor den Trümmern ihrer Politik. Trotz des Einsatzes zweier eingespielter Parteiapparate konnten beide gemeinsam nicht einmal ein Viertel der Wähler mobilisieren. Es war eine »ganz, ganz schmerzliche Niederlage«, wie SPÖ-Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid am Wahlabend feststellte. Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl nannte das Ergebnis ein Debakel, nach dem die Sozialdemokraten nicht zur Tagesordnung übergehen können. In seiner Wortmeldung schwang mit, dass es wohl ohne Köpferollen in der SPÖ nicht abgehen werde. Am Tag nach der Wahl wehrten sich die Spitzen von SPÖ und ÖVP jedoch gegen Personaldebatten.
Inhaltlich wird der Urnengang als massiver Rechtsruck eingeschätzt. Norbert Hofer, Mitglied einer schlagenden Burschenschaft, wirkt zwar in öffentlichen Diskussionen konziliant und bescheiden, lässt aber immer wieder mit harten rechten Positionen nicht nur zur Flüchtlings- und Familienpolitik aufhorchen. »Der Islam gehört nicht zu Österreich«, war einer seiner Wahlkampfwerbesprüche.
Hofers Gegner im zweiten Wahlgang, der langjährige grüne Parteichef van der Bellen, gibt sich großväterlich und offen, in Wirtschaftsfragen hält es der emeritierte Wirt- schaftsprofessor allerdings mit dem Liberalismus. So bedurfte es erst einiger Rüffel seiner Parteifreunde, um ihn von seinem Ja zum Transatlantikabkommen (TTIP) abzubringen.
Der bevorstehende Wahlkampf lässt inhaltlich scharfe Kontroversen erwarten. Allein in der Flüchtlingsfrage stehen Hofer und van der Bellen auf diametral unterschiedlichen Positionen. Und was ihre Einstellung zur Europäischen Union betrifft, so schoss sich Hofer bereits in mehreren TV-Konfrontationen auf den Brüsseler Zentralismus ein, während van der Bellen den Eindruck vermittelt, ohne EU würde Österreich zu existieren aufhören. Aus SPÖ- und ÖVP-Kreisen hört man in ersten Stellungnahmen, dass es keine offizielle Wahlempfehlung für den 22. Mai geben wird, das sozialdemokratische Führungspersonal macht allerdings keinen Hehl daraus, Norbert Hofer für persönlich unwählbar zu halten.