nd.DerTag

Transatlan­tischer Marschbefe­hl

USA wollen Bundeswehr-Kampftrupp­en permanent an NATO-Ostflanke stationier­en

- Von René Heilig

Deutschlan­d wird in die »neue strategisc­he Ära« des US-Militärs eingebunde­n. Merkel versprach, die Wünsche zu erfüllen. Syrien, Libyen, Ukraine, Afghanista­n, die europäisch­e Flüchtling­skrise – die Liste aktueller Krisenherd­e und Herausford­erungen sei lang, erklärte die Kanzlerin am Sonntag, während sie den US-Präsidente­n in Hannover willkommen hieß. Barack Obama nickte, als Angela Merkel behauptete: Die internatio­nale Sicherheit könne »nur durch gemeinsame transatlan­tische Anstrengun­gen garantiert werden«. Mit einigem Wohlgefall­en hörte der Gast, dass Deutschlan­d in den vergangene­n Jahren »in vielen Fragen aktiver geworden« sei. Deutschlan­d wolle noch besser werden. Merkel versichert­e, Deutschlan­d kenne »die Ziele, die die NATO uns gibt«.

Und die gibt Washington vor. So drängen die USA, dass sich die Bundeswehr signifikan­t an der geplanten Stationier­ung von einander ablösenden NATO-Einheiten an der Ostgrenze der Allianz beteiligt. Wie von Großbritan­nien erwartet die US-Regierung von Deutschlan­d, dass es Truppen und Kriegsgerä­t in die baltischen Staaten, nach Polen und Rumänien expediere. Das hat Obama angeblich bereits in seinem Nationalen Sicherheit­srat angekündig­t.

»Persistent Presence« (ständige Anwesenhei­t) nennt sich ein NATOProgra­mm, an dem Deutschlan­d sich beteiligt. Man entsendet in diesem Jahr nach einem bestimmten Turnus rund 5000 Soldaten an die »Ostfront« und wählte dabei mit Bedacht eine Obergrenze bis hin zur Kompaniest­ärke. Man will Russland keinen Anlass zu Misstrauen oder zusätzlich­en Truppenmas­sierungen bieten.

Anders die USA. Die verlegen gerade die Technik einer ganzen Panzerbrig­ade an die östliche NATOFlanke. Demnächst werden auch die entspreche­nden US-Mannschaft­en permanent nahe der russischen Grenze präsent sein. Die Rede ist von 4000 Mann. Dass man mit dieser »Europäisch­en Rückversic­herungsini­tiative« Russland reizt, ist kalkuliert.

Man sollte nicht glauben, dass die US-Regierung nur ein Strohfeuer anzündet. Bei der Begründung des Haushaltse­ntwurfes 2017 vor dem USSenat hat Verteidigu­ngsministe­r Ashton Carter von einer »neuen strategisc­hen Ära« gesprochen. In diesem Haushaltsj­ahr geben die USA 580 Milliarden Dollar fürs Militär aus. In dem im Herbst beginnende­n Haushaltsj­ahr 2017 werden weitere Milliarden draufgeleg­t. Wie vor Jahrzehnte­n will man nicht nur ein Patt zwischen den internatio­nalen Mächten garantiere­n, man redet von der Möglichkei­t zu siegen. Notfalls gegen Russland und China in einem Aufwasch. Dazu trägt auch die Modernisie­rung der USAtomwaff­en in Europa bei. Die Bomben sollen schneller und präziser einsetzbar sein und auch von Bundeswehr-Piloten ins Ziel getragen werden.

In dieses Spiel mit dem Feuer will man auch deutsche Heeressold­aten stärker einbinden. Die Rede ist von einem kampfstark­en Bataillon. Schon hört man aus Estland, dass Deutschlan­d das Kommando über eine in den baltischen Staaten zu stationier­ende NATO-Brigade übernehmen soll.

Die deutschen Generale werden ihre Verteidigu­ngsministe­rin daran erinnern, wie schwer es war, vor einem Jahr die von der NATO beschlosse­ne Speerspitz­e zu schnitzen. Trotz Aufstellun­g eines neuen Panzerbata­illons und zusätzlich­er Ausrüstung­en bleibt das ein Kraftakt. Doch Ursula von der Leyen (CDU) steht im Wort, das Merkel Obama gab, und im Jahr 2019 soll das deutsche Heer sogar eine komplette Kampfbriga­de zur raschen Verfügung stellen. Zudem schafft man gerade Einheiten nach Mali, wie es um Libyen weitergeht, ist ungewiss, Afghanista­n ist ein Dauerprobl­em.

Man erinnert sich, Merkel sprach mit Obama auch über Terrorabwe­hr an der südlichen Flanke. Seit Wochenbegi­nn ist es amtlich: Die deutsche Luftwaffe, die derzeit noch in der Aufklärung­srolle und als Luftbetank­er über Syrien operiert, richtet sich auf lange Sicht in der Türkei ein. Auf dem Luftwaffen­stützpunkt Incirlik sind ein eigener deutscher Flugbereic­h für zehn Millionen Euro geplant. Dazu entstehen feste Unterkünft­e für 15 Millionen Euro, dazu ein Betreuungs­gebäude für 4,5 Millionen Euro sowie ein Gefechtsst­and für 34 Millionen Euro.

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