Schweigen für die Atom-Opfer
Weltweit wurde an den Jahrestag des Tschernobyl-GAUs erinnert
Tschernobyl. Mit einer Schweigeminute hat die Ukraine der Opfer der Atomkatastrophe von Tschernobyl vor 30 Jahren gedacht. Am Montag hatte die Regierung mitgeteilt, dass die Gefahrenzuschläge der Arbeiter, die in der Todeszone beschäftigt sind, rückwirkend ab Januar erhöht werden. Die jährliche Zulage für ca. 10 000 Menschen wird auf das 150-fache des Mindestlohns erhöht – knapp 7400 Euro.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte am Montagabend die Opfer des GAUs geehrt. Die Aktivisten projizierten rund 40 Bilder auf die Außenwand des Sarkophags über der Reaktorruine. »Auch 30 Jahre nach Tschernobyl ist die Lage keineswegs unter Kontrolle«, sagte Greenpeace-Sprecher Tobias Münchmeyer. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) lobte die internationale Hilfe. Deutschland beteilige sich mit fast 140 Millionen Euro an den Kosten für den neuen Sarkophag, sagte sie dem Bayerischen Rundfunk. Unterdessen wurde im deutschen AKW Gundremmingen ein Computervirus gefunden.
»Warum mussten die Menschen da schnell weg? Warum durfte das Mädchen sein Spielzeug nicht mitnehmen?« Wie erklärt man einem Kind den Super-GAU von Tschernobyl, wenn man aus eigener Erfahrung weiß, dass es die schrecklichen Bilder niemals wieder aus dem Kopf bekommen wird? Harrisburg, Tschernobyl, Fukushima – die Namen haben einen Klang, der jeden Glauben an eine sichere Nutzung der Atomkraft im Keim erstickt. Dennoch gibt es offenbar Politiker in vielen Ländern, die verseuchte Landschaften, missgebildete Tiere und verrottende Geisterstädte nicht für ausreichende Argumente halten und auf die Kernenergie setzen.
Und das, obwohl AKW nur mit staatlichen Stützungsmaßnahmen überhaupt rentabel sind und eine Lösung für die Lagerung der Massen an radioaktiven Abfällen nicht in Sicht ist. Von der Sicherheitsfrage ganz zu schweigen. In Tschernobyl löste menschliche Dummheit in Verbindung mit baulichen Mängeln die Katastrophe aus, in Fukushima eine Naturgewalt, die im Vorfeld unterschätzt worden war. Dass im dicht besiedelten Kerneuropa mit seinen rund 150 laufenden AKW bis auf kleinere Defekte noch nichts passiert ist, ist letztlich nur Glück gewesen. Auch die Gefahr eines Terroranschlages schwebt über jedem Reaktor. Gegen all diese Risiken und die Ängste von Kindern und Erwachsenen hilft nur eins: Abschalten!