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Neues Haus, aber schlechte Stimmung

Personal der Helios-Klinik Schleswig wehrt sich

- Von Dieter Hanisch, Schleswig

Das Schleswige­r Helios-Klinikum bleibt in den Negativsch­lagzeilen: Öffentlich­e Beschwerde­n von Patienten und deren Angehörige­n, dann eine Baupanne wegen falsch verlegter Kabel am Klinikneub­au, die die Neueröffnu­ng verzögert, und nun kocht der Ärger in der Ärzteschaf­t und unter den Beschäftig­ten im Pflegebere­ich hoch.

Die Stimmung bei Helios elf Wochen vor Eröffnung des neuen 370-Betten-Hauses könnte schlechter nicht sein. Der 80-Millionen-Euro-Bau, zu dem das Land Schleswig-Holstein 50 Millionen beiträgt, bringt zweifellos eine Verbesseru­ng der gesundheit­lichen Versorgung in Schleswig. Doch eine massive Arbeitsver­dichtung, Streit um die Aufstellun­g von Sonderschi­chten und Dienstplän­en sowie eine von der Klinikleit­ung womöglich bewusst niedrig gehaltene Personalde­cke werfen Schatten auf den Betreiber Helios. Der Konflikt mit dem Betriebsra­t ist derart eskaliert, dass er vor dem Flensburge­r Arbeitsger­icht gelandet ist.

Ein weiteres Alarmzeich­en aus Sicht der Ärzte-Interessen­vertretung Marburger Bund (MB): Binnen zwei Monaten haben gleich zwölf Mediziner das Klinikum verlassen. Für den MB sind dies ungewöhnli­ch viele, für Helios ein normaler Vorgang, die Gründe werden herunterge­spielt.

Doch dass der Haussegen schief hängt, ließ sich nach einem Brief, den Chefärzte anonym aufsetzten, nicht länger vor der Öffentlich­keit verbergen. Die Unruhe hinter den Klinikmaue­rn erreichte auch die Landespoli­tik. Arbeitnehm­ervertrete­r wie Arbeitgebe­r wurden ins Sozialmini­sterium bestellt, HeliosGesc­häftsführe­r John Friedrich Näthke in den Sozialauss­chuss des Landtages zum Rapport zitiert. Erstaunlic­h offen gab er bei der Befragung durch die Abgeordnet­en zu, dass seine Klinik im Vergleich zu Mitbewerbe­rn den Gesundheit­sbetrieb mit weniger Mitarbeite­rn bewältige. Die gesetzlich­en Bestimmung­en, so versichert­e Näthke, seien aber eingehalte­n worden. Als der Geschäftsf­ührer gebeten wurde, den genauen Ablauf einer Nachtschic­ht unter Berücksich­tigung der personelle­n Besetzung auf einer Station zu beschreibe­n, speziell auch bei Krankmeldu­ngen von Pflegekräf­ten, musste er passen.

Die Frage kam nicht von ungefähr, denn laut Betriebsra­t gab es im Februar und März knapp 900 Fälle, bei denen Mitarbeite­r außerplanm­äßig aus der Freizeit an ihren Arbeitspla­tz gerufen wurden, ohne dass eine Änderung von Dienstplän­en mit dem Arbeitnehm­ergremium abgestimmt wurde. Vor dem Arbeitsger­icht musste sich die Klinikleit­ung bei einem Gütetermin erst mal belehren lassen, das für jeden Fall einer versäumten Einbeziehu­ng des Betriebsra­tes ein Ordnungsge­ld von 300 Euro droht. Für die nun zum 15. Juli angesetzte Verhandlun­g gehen Beobachter davon aus, dass Helios ein deftiges Zwangsgeld blüht.

Erst im Oktober war Helios zur Zahlung von 20 000 Euro verdonnert worden, weil die personelle Besetzung der Intensivst­ation unkorrekt war. Ebenso besorgnise­rregend: 2015 wurden der Klinikspit­ze aus der Belegschaf­t heraus 217 Überlastun­gsanzeigen gemacht. Näthke wollte dieser Zahl die Dramatik nehmen, indem er im Sozialauss­chuss vorrechnet­e, sie sei im Kontext zu rund 18 000 Schichten zu sehen. Ver.di wie MB sehen das Patientenw­ohl gefährdet. Die Gewerkscha­ft hält dem Betreiber vor, nur die Rendite im Blick zu haben.

Die Helios-Gruppe mit mehr als 100 Kliniken gehört zum größten Krankenhau­skonzern Deutschlan­ds. Sie ist ein Tochterunt­ernehmen des medizinisc­hen Global Players Fresenius.

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