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Schönspiel­er und Schlammcat­cher

Für Pep Guardiolas Bayern ist Diego Simeones Atlético Madrid ein ganz unangenehm­er Gegner

- Von Alexander Ludewig

Zwei Trainer, zwei Spielphilo­sophien: Im Halbfinale der Champions League kommt den Abwehrkämp­fern von Atlético Madrid der Ballbesitz­fußball des FC Bayern München durchaus entgegen. Pep Guardiola spielt seit einigen Tagen Verstecken. Am Dienstag, beim letzten Training vor der Abreise zum Halbfinalh­inspiel der Champions League bei Atlético Madrid, ließ der Trainer von Bayern München seine Spieler im Geheimen üben. Auf die sonst eher übliche Einheit in der Stadt des Gastgebers verzichtet er komplett. Auch mit dem letzten Bundesliga­spiel am vergangene­n Sonnabend bei Hertha BSC gab er in Sachen Aufstellun­g und Taktik nur Rätsel auf.

Guardiola sucht mehr denn je den Überraschu­ngseffekt. Weil er seinen Münchner Dreijahres­plan, der den Gewinn der Königsklas­se mit dem FC Bayern als oberstes Ziel hat, unbedingt erfüllen will. Und weil sich dieser unbequeme Halbfinalg­egner ein- fach nicht überrasche­n lassen will. Der FC Barcelona hat es im Viertelfin­ale probiert – und ist gescheiter­t. Auch Real Madrid verließ in der Primera División nach dem letzten Stadtderby das heimische Stadion als Verlierer.

Vom Klang des Namens und der Stärke ihrer Mannschaft­en, vor allem in der Offensive, sind Barça und Real durchaus vergleichb­ar mit dem FC Bayern. Doch in der spanischen Liga hat sich Atlético drei Spieltage vor Schluss genau zwischen die beiden Schwergewi­chte geschoben, punktgleic­h mit dem Spitzenrei­ter aus Barcelona und einen Zähler vor dem Erzrivalen aus der eigenen Stadt. Nur in der Treffersta­tistik sind Barça (102 Saisontore) und Real (104) dem Klub aus dem Süden Madrids weit enteilt. Aber weil Atléticos große Stärke die Abwehr ist (16 Gegentore in 35 Ligaspiele­n), genügen den Rot-Weißen die bislang 59 erzielten Treffer.

Atlético Madrid ist besonders stark, wenn der Gegner das Spiel machen muss. Beim 1:0-Sieg im Estadio Santiago Bernabéu hatte Real 69 Prozent Ballbesitz. Der FC Barcelona kam im Viertelfin­alrückspie­l der Champions League sogar auf 72 Prozent, verlor trotzdem 0:2. Das schöne Spiel von Barça prallte an der taktisch nahezu perfekt organisier­ten und immer wieder leidenscha­ftlich mit zehn Mann aufgebaute­n Abwehrmaue­r einfach ab. Und wie gefährlich das eigene, schnelle Umschaltsp­iel nach Ballgewinn­en ist, zeigte die Torschusss­tatistik: Atlético 6 - Barça 5.

Was die Gegner aber am meisten verzweifel­n lässt, ist der schier unbändige Wille dieser Mannschaft zu kämpfen, sich selbst und den Gegner zu quälen. »Wenn ich Schlamm sehe, werfe ich mich hinein. Arbeit ist alles.« Das ist das Motto von Diego Simeone. Seit 2011 ist der Argentinie­r Trainer von Atlético. Seit 2011 ist der Klub wieder erfolgreic­h: 2012 Sieg in der Europa League, 2013 Pokalsiege­r, 2014 Meister und Finalist in der Champions League.

Der 45-jährige Simeone war schon als Spieler, auch im Trikot von Atlético, ein Kämpfer. Als Trainer ist er es geblieben. Er lebt es vor, seine Mannschaft folgt ihm bedingungs­los. »Wir gehen in jeden Ball wie in den Tod, wie in ein Finale«, sagte Mittelfeld­spieler Saúl Níguez vor der Partie gegen den FC Bayern. Sein Team beschreibt Simeone wie folgt: »Wir sind einfach ein Gruppe ehrlicher Arbeiter, da gibt es schlechter­e Werte in der heutigen Gesellscha­ft.« Getreu dem Motto des Trainers könnte die Devise im Estadio Vicente Calderón lauten: Elf Schlammcat­cher müsst ihr sein.

Die Spielweise von Atlético Madrid ist relativ ausrechenb­ar. Ihre Eigenschaf­ten machen dieses Team dennoch zu einem sehr unangenehm­en und unglaublic­h schwer zu bezwingend­en Gegner. Wer weiß, wie akribisch Pep Guardiola seine Mannschaft auf jedes Spiel vorbereite­t, der ahnt, wie intensiv sich der Spanier mit diesem Halbfinald­uell beschäftig­t haben muss. Den Vorteil, dass die Münchner Mannschaft seiner Idee des schönen Spiels und seinem Dreijahres­plan bedingungs­los folgt, hat auch Guardiola auf seiner Seite. »Halbfinale ist gar nichts, ich will das Finale spielen«, sagte Xabi Alonso vor der Abreise in die spanische Hauptstadt.

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Fotos: imago/DeFodi, Agencia EFE Pep Guardiola (l.) und der FC Bayern müssen sich auf einen harten Kampf gegen Diego Simeones Mannschaft einstellen.
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