Im Abwehrgefecht: Ein US-Marine bei Verbündeten
Washingtons Generalstabschef flog in die Türkei, bat um gut Wetter und löst doch nur einen Hagel alter Anschuldigungen aus
US-Generalstabschef Joseph Dunford traf sich in Ankara mit dem türkischen Premierminister Binali Yildirim und Armeechef Hulusi Akar. Angeblich führten sie versöhnliche Gespräche.
Wer den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan kritisiert, der bekommt eine volle Breitseite zurück. Jüngst traf der verbale Geschosshagel den Chef des US-Zentralkommandos. Dabei hatte General Joseph Votel nur moniert, dass ihm nach der Niederschlagung des angeblichen Militärputsches viele Gesprächspartner abhanden gekommen sind. Doch bereits damit habe sich Votel als Parteigänger der Putschisten geoutet, tobte der türkische Präsident. Zwar haben die USA sich strikt geweigert, unterlegenen Putschisten bei der Flucht zu helfen. Doch das besänftigte Erdogan nicht. Der registrierte verärgert, dass US-Geheimdienstkoordinator James Clapper die Festnahmen und Entlassungen beim Militär und in türkischen Geheimdiensten kritisierte, weil sie den Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) gefährden.
Erdogan hält ohnehin nicht viel von den US-Amerikanern. Und so halten sie es auch mit ihm. Erdogans Putsch nach dem Putsch ließ nicht nur in den USA, sondern innerhalb der gesamten NATO die Frage aufkommen, ob man nicht über eine neue Haltung gegenüber dem Bündnispartner nachdenken müsse.
Seit 1952 gilt die Türkei aus USSicht als zwar nicht einfacher, aber doch verlässlicher Partner. Das Land war daher stets wichtig als Vorposten des Westens im Nahen Osten. Ankara spielte auch mit, als die USA Iran drangsalierten, das Land stellt Militärstützpunkte zur Verfügung. Doch schon seit Jahren wurde die Kooperation immer schwieriger. Ankara erhebt zunehmend regionale Gestaltungsansprüche. Was Washington nicht so richtig ins Konzept passt. Zudem registrieren US-Politiker mit einigem Ärger, dass die »Aufarbeitung« des Putschversuches in einen Generalangriff gegen alle Erdogan-Gegner umschlägt.
In dieser Situation landete General Joseph Dunford in der Türkei. Er ist ein Marine, also ein Mann, der gelernt hat, selbst in schwierigsten (militärischen) Situationen die Oberhand zu behalten. Demonstranten empfingen ihn. »Putschist, hau ab!«, stand auf ihren Plakaten. Folglich war es Dunfords erste und vordringliche Aufgabe, den versuchten Militärputsch von Mitte Juli scharf zu verurteilen. Der US-General besuchte das beschädigte Parlamentsgebäude in Ankara und traf sich mit Parlamentspräsident Ismail Kahraman, ohne dabei die demokratischen Traditionen des Landes übermäßig zu betonen. Dafür lobte er – wider besseres Wissen – die Zusammenarbeit von USA und Türkei beim Kampf gegen den IS.
Und was half ihm das? Ministerpräsident Yildirim, so meldeten türkische Medien, habe bekräftigt, dass man weiter die Auslieferung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen fordere. Der ist für Erdogan die Quelle allen Übels und Drahtzieher des Putsches.